über Bewertungen, innerer Wert und Marktwert

Ein wichtiger Aspekt bei der Fundamentalanalyse ist die Bewertung von Anlageklassen (Assets). Ist ein Produkt vom Markt zu teuer oder zu billig bewertet?

Ich beleuchte dieses Thema einmal aus der Sicht eines Aktien-Investors. Wer eine Aktie an einem Unternehmen besitzt ist am Eigenkapital dieser Firma beteiligt mit allen damit verbundenen Rechten wie Stimmrecht, Anteil am Gewinn und an Dividenden, etc.

Die Bewertung eines Assets ist immer mit dem Blick in die Zukunft verbunden und deshalb immer mit Vermutungen und Schätzungen. Wenn man die Zukunft korrekt vorhersagen könnte wären Finanzmärkte überflüssig, da dort im Prinzip Zukunftserwartungen und die damit verbundenen Risiken gehandelt werden.

Der sogenannte “innere Wert” oder “intrinsic Value” eines Assets errechnet sich – vereinfacht gesagt – einerseits aus den abgezinsten zukünftig erwarteten Gewinnen und andererseits aus er vorhabdeben Substanz (Eigenkapital).

kurze Erklärung dazu: Das Eigenkapital besteht im Prinzip aus allen Anlagen die ein Unternehmen besitzt (Cash-Bestand und Wertpapiervermögen, Immobilien wie z.B. Fabriken, etc.) abzüglich der Schulden.  Eine wichtige Bewertungskennzahl ist hier das KBV (Kurs/Buchwert-Verhältnis) – Ein KBV von 1 sagt aus, dass jeder EUR der für die Aktie gezahlt wird auch für einen EUR Eigenkapital bei dem Unternehmen steht. Ist das KBV entsprechend höher, dann bezahlt man für 1 EUR Eigenkapital entsprechend mehr. (Beispiel: Apple hat derzeit ein KBV von 4,98 – d.h. man bezahlt für 1 USD (in diesem Fall natürlich Dollar) Eigenkapitalanteil derzeit 4,98 USD)

An den stark unterschiedlichen KBVs der Unternehmen sieht man auch, dass der Ertragswert eine übergeordnete Rolle spielt. Die zukünftig erwarteten Gewinne können schliesslich das Eigenkapital auch schnell anwachsen lassen bzw, Verluste können es auffressen.

Den Ertragswert ermittelt man – auch vereinfacht – indem man sich selbst ein Bild zukünftiger Erträge macht. Bei einigen Firmen ist das relativ einfach, da sie keine starken Schwankungen unterworfen sind – insbesonders wenn sie in bestimmten Märkten eine wichtige Rolle spielen. (Beispiel: Johnson&Johnson hat eine stabile Entwicklung der Gewinne – siehe Chart)

Beispiel: Johnson & Johnson Aktienkurs (weiss) der letzten 25 Jahre sowie der Gewinn pro Aktie  (grau)
Beispiel: Johnson & Johnson Aktienkurs (weiss) der letzten 25 Jahre sowie der Gewinn pro Aktie (grau)

Je weiter ein erwarteter Gewinn in der Zukunft liegt umso weniger ist er heute wert. Ein Gewinn der z.B. in einem Monat ausgeschüttet werden kann hat einen höheren Wert als einer auf den man noch 1 Jahr warten muss. Ein Apfel der schon reif am Baum hängt und den man nur noch pflücken muss ist auch mehr wert als einer der erst nächstes Jahr reifen wird. Deshalb werden die zukünftigen Gewinne “abgezinst” d.h. um einen bestimmten Zinssatz verringert. (abhängig vom Risiko – darüber muss ich aber einen eigenen Artikel schreiben sonst wird das hier zu lange)

Der aus den zukünftigen, abgezinsten Gewinnen sowie aus dem vorhandenem Kapital errechnete Wert ist also der “innere Wert” eines Unternehmens.

Der Marktwert hingegen ist der Wert der durch die Handelsteilnehmer (Angebot und Nachfrage) an den Finanzmärkten fixiert wird. Hier spielt z.B. Knappheit eine große Rolle. Ist ein Gut knapp, aber sehr stark nachgefragt steigt der Preis, umgekehrt sinkt er natürlich wenn niemand mehr dieses Gut besitzen möchte.

Der Marktwert kann sehr stark vom inneren Wert abweichen. Vor allem bei Spekulationsblasen kommen abartige Abweichungen vor. In Zeiten von Spekulationsblasen verlieren viele Marktteilnehmer den Blick auf den inneren Wert und wollen etwas UNBEDINGT haben, sei es weil wie glauben, dass sie es zukünftig noch teurer verkaufen können weil es dann noch mehr Leute besitzen möchten. (=”greater fool theory” – Die Hoffnung auf einen “größeren Dummkopf” der später noch mehr dafür bezahlen wird als man selbst bezahlt hat). Charttechniker machen sich solche Phänomene zu Nutze. Beispiele dafür gibt es zahlreiche: z.B. die Internetblase die im Jahr 2000 ihren Höhepunkt hatte, bzw. eine der ältesten und gleichzeitig skurrilsten Blasen: Die Tulpenblase im 17ten Jahrhundert in den Niederlanden, als für einzelne Tulpenzwiebeln der Gegenwert eines ganzen Hauses geboten wurde.

Beispiel: Der NASDAQ-Index zu Zeiten der Internetblase (1996-2003)
Beispiel: Der NASDAQ-Index zu Zeiten der Internetblase (1996-2003)

Ich persönlich suche meine Anlagen nach dem inneren Wert aus und versuche das “mitreiten” von Blasen zu vermeiden. Man kann schliesslich nie wissen wie lange der Trend anhält und wann er einbricht und ins Gegenteil umkehrt. Vom inneren Wert hingegen hat man immer etwas. Man ist z.B. bei Aktien beteiligt an den Gewinnen und erhält in vielen Fällen regelmässig eine Dividende. Das sind Dinge die man auch auf dem Bankkonto spürt, von denen man etwas hat und die man für sich selbst bewerten kann.

Ist der Marktwert (aus meiner Sicht) unter dem inneren Wert, dann kaufe ich. Fällt er weiter ist mir das auch egal, sofern ich vom inneren Wert überzeugt bin. Steigt der Marktwert sehr stark über den inneren Wert, dann suche ich günstigere Alternativen.

Diese Vorgehensweise ist der Grund, wieso ich nicht der Freund von Anlageklassen bin die keinerlei Erträge erwirtschaften wie z.B. Rohstoffe, Edelmetalle etc. Hier ist der innere Wert sehr schwer bis gar nicht bestimmbar und der Marktwert kann deshalb sehr stark schwanken. (siehe Goldpreisentwicklung der letzten Jahre). Auch von modernen Formen des Investments die derzeit angepriesen werden wie z.B. Investieren in Kunst oder in teuren Wein halte ich nichts. Hier ist man nur darauf angewiesen dass man sein Investment später irgendwann an jemanden verkaufen kann der noch mehr dafür zu zahlen bereit ist als man selbst war. Der Wert wird ausschliesslich dadurch bestimmt, was die anderen Marktteilnehmer zu Zahlen bereit sind.

4 Gedanken zu „über Bewertungen, innerer Wert und Marktwert“

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