Zinserhöhung in den USA ante portas – Auswirkungen rechtzeitig erkennen.

Im letzten Beitrag habe ich die Angst der Märkte in den USA angesprochen, dass die Zinsen dort bald steigen könnten weil die FED den Leitzinssatz eventuell noch in diesem Jahr anheben wird.
So bereitete besonders der letzte Freitag den US-Börsen Verluste weil “zu gute” Wirtschaftsdaten publiziert wurden und die Angst vor einer baldigen Zinserhöhung in die Märkte eingepreist wurde.

Heute möchte ich untersuchen, welche Unternehmen von einer derartigen Zinserhöhung betroffen sind und wie man das am einfachsten analysieren und erkennen kann.

Welche Unternehmen spüren Zinserhöhungen am stärksten:

Um das einfach und effektiv zu erkennen möchte ich heute einen “Schnelltest” vorstellen der auf wenigen Kennzahlen beruht. Natürlich kann man die Sache vertiefen in dem man genau die Kapitalstruktur eines Unternehmens untersucht (Laufzeiten der Kredite, Zinsabsicherungsmassnahmen etc.) aber für einen ersten Überblick reichen meiner Ansicht nach folgende Kennzahlen aus:

Eigenkapitalquote:

Je mehr Eigenkapital ein Unternehmen hat, umso mehr ist es immun gegen Zinserhöhungen, da das Fremdkapital im Vergleich zum Eigenkapital einen geringeren Prozentsatz einnimmt. Bei einer hohen Gesamtkapitalrendite macht es durchaus Sinn Fremdkapital aufzunehmen, da man dadurch den sogenannten “Leverage-Effekt” auf deutsch “Hebel-Effekt” nutzen kann. Wenn man z.B. pro Euro Gesamtkapital eine Rendite von 10% erwirtschaften kann aber für das Borgen von einem Euro nur 5% bezahlen muss, so macht man auch bei Ausgeborgten Geld Gewinn – solange die Gesamtkapitalrendite höher ist als die Zinsen die man für geborgtes Kapital bezahlen muss.

Steigen die Zinsen aber über das Niveau der Gesamtkapitalrendite so kehrt sich dieser Hebeleffekt genau ins Gegenteil um: Die Verluste werden unverhältnismäßig höher.

Eine hohe Eigenkapitalquote schützt also auch Unternehmen mit schlechterer Gesamtkapitalrendite davor bei steigenden Zinsen weniger Gewinne zu machen.

Gesamtkapitalrendite:

Wie bereits angesprochen spielt die Gesamtkapitalrendite (GK-Rendite) eine große Rolle. Solange sie höher ist als der Zinsaufwand hat ein Unternehmen einen Vorteil, wenn es Fremdkapital aufnimmt, da ja auch jeder ausgeborgte Euro oder Dollar mehr Ertrag erwirtschaftet als Zinsen dafür bezahlt werden müssen. Je mehr Kapital also vorhanden ist, umso größer sind die möglichen Gewinne: Borgt man sich einen Euro um 2% und erwirtschaftet damit 3% Gewinne so ist das ein gutes Geschäft.

Ist die GK-Rendite allerdings geringer als die Kapitalkosten – und damit besonders die Fremdkapitalzinsen – so kehrt sich dieser Effekt um: Ein geborgter Euro der z.B. 4% Zinsen kostet und nur 3% erwirtschaftet produziert natürlich Verluste.

Je höher also die Gesamtkapitalrendite ist, umso höher können auch die Zinsen für Fremdkapital steigen, bevor Verluste eingefahren werden.
Natürlich werden generell die Gewinne geringer sobald die Zinsen steigen – aber ganz ohne Fremdkapital wären sie bei Unternehmen mit hoher Gesamtkapitalrendite noch niedriger, da diese Unternehmen auf Investitionen verzichten müssten die ohne Fremdkapital nicht möglich wären.

Hat ein Unternehmen mit guter GK-Rendite also bereits ein recht hohes KGV so ist die Gefahr groß, dass bei steigenden Zinsen die Gewinne zurückgehen und das KGV noch höher werden könnte – die Aktie also immer teurer wird.

Ein hohes KGV gemeinsam mit einer niedrigen Gesamtkapitalrendite und einer niedrigen Eigenkapitalquote ist also sehr gefährlich wenn Zinssteigerungen erwartet werden.

Zinsaufwand:

Unternehmen mit guter Bonität zahlen generell weniger Zinsen als solche mit schlechterer Bonität. Die Bonität wird vor allem vom Markt und vom Geschick des einzelnen Unternehmens sich zu finanzieren bestimmt. Natürlich spielen auch Rating-Agenturen eine Rolle, aber die werden – wie wir ja wissen – ebenfalls vom Unternehmen beauftragt und bezahlt.

In den Zinsaufwand spielen auch unternehmerische Strategien ein: Finanziert man sich langfristiger oder sichert man die Zinsen mittels Zinsswaps oder Zinscaps ab, so steigt der Zinsaufwand zwar, man ist aber – wenigstens auf einige Zeit – gegen steigende Zinsen abgesichert. Derartige Konstrukte sind in den Bilanzen der Unternehmen nur relativ schwer herauszulesen – man muss dafür wirklich die kompletten Geschäftsberichte lesen. Damit der heutige Artikel nicht aus dem Ufer gerät habe ich deshalb darauf verzichtet diese Fakten bei meinen Beispielen zu analysieren.

Man sollte deshalb dem Zinsaufwand nicht ein so großes Augenmerk schenken wie den beiden übrigen Kennzahlen, wie Eigenkapitalquote und Gesamtkapitalrendite.

Praktische Beispiele:

Da besonders in den USA derzeit die Angst vor Zinserhöhungen umgeht und das auch nicht ganz ohne Grund, habe ich alle amerikanischen Unternehmen aus dem Financeblog-Wikifolio einen Test auf die erwähnten Kennzahlen unterzogen:

Unternehmen Name EK-Quote Wertung Zinsaufwand % Wertung GK-Rendite Wertung KGV Wertung Gesamtwertung
APPLE INC 48,11% 5 -1,17% 2 16,43% 1 17,06 5 3,25
ACTIVISION BLIZZARD INC 49,05% 4 2,72% 11 7,05% 8 20,24 8 7,75
GOLDMAN SACHS GROUP INC 9,72% 11 0,72% 5 1,69% 11 10,37 2 7,25
INTL BUSINESS MACHINES CORP 10,22% 10 0,37% 3 10,69% 6 9,54 1 5,00
KELLOGG CO 18,81% 9 1,63% 8 5,91% 9 25,67 10 9,00
NIKE INC -CL B 58,21% 2 0,42% 4 14,66% 3 28,76 11 5,00
ORACLE CORP 52,52% 3 1,52% 7 13,48% 4 17,42 6 5,00
QUALCOMM INC 80,63% 1 -6,18% 1 15,20% 2 14,95 3 1,75
AT&T INC 29,68% 8 1,75% 9 3,55% 10 22,67 9 9,00
UNITED TECHNOLOGIES CORP 35,82% 7 1,51% 6 9,41% 7 19,12 7 6,75
WAL-MART STORES INC 42,19% 6 1,99% 10 11,42% 5 16,39 4 6,25

Bei der Eigenkapitalquote stehen besonders Goldman Sachs, IBM, Kellog und AT&T nicht gut da. Man sagt, dass ein “gesundes” Unternehmen immer mindestens 30% Eigenkapital haben sollte. Die genannten Unternehmen sind alle unter dieser Schwelle.,

Beim Zinsaufwand gibt es einige interessante Ergebnisse: Ich habe hier immer den Netto-Zinsaufwand, also die Differenz zwischen Zinsaufwand und Zinsertrag hergenommen. Einige Unternehmen haben zwar Fremdkapital, bezahlen dafür aber weniger Zinsen also sie für angelegte Aktivposten erhalten. Apple und Qualcomm haben deshalb einen negativen Zinsaufwand, weil sie mehr Zinseinnahmen als Zinsausgaben haben.

Bei der wichtigen Kennzahl, der Gesamtkapitalrendite, sind auch die Technologie-Unternehmen Apple und Qualcomm ganz vorne. Das Schlußlicht bilden Goldman Sachs, Kellogg und AT&T.

Goldman Sachs stellt eine kleine Ausnahme dar, da es sich dabei um einen Bankbetrieb handelt. Hier müsste man also tatsächlich tiefer ins Detail gehen um die Auswirkungen einer Zinserhöhung auf das Unternehmen zu analysieren. Besonders die Fristenstruktur von Kundeneinlagen im Vergleich zu Ausleihungen an Kunden (vergebene Kredite) müsste hier untersucht werden.

Ansonsten ergibt sich ein eindeutiges Bild: AT&T und Kellog sind die schwächsten Betriebe mit niedriger GK-Rendite und verhältnismässig wenig Eigenkapital. Eine gefährliche Mischung. Apple und Qualcomm scheinen dagegen fast immun gegen die Auswirkungen einer Zinserhöhung zu sein.

Interessantes Detail am Rande:  Apple und Qualcomm konnten am letzten Freitag – jenem Tag an dem an der Wallstreet damit die Angst vor Zinserhöhungen umging – zulegen, während Kellogg und AT&T Verluste einfuhren.

Nun noch ein kurzer Blick auf die Bewertungen der Unternehmen:

Kelogg und AT&T sind auch vom KGV her bereits im “teureren” Bereich angesiedelt. (KGV über 20). Ich werde diese beiden Unternehmen deshalb mit einem Gewinn von etwa 17% (bei Kelogg) und 13% (bei AT&T) aus dem Wikifolio verkaufen.

 

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