Archiv der Kategorie: Grundlagen

Was sind Wirtschaftszyklen?

Nach einer kurzen krankheitsbedingten Pause gibt es heute wieder einem neuen Grundlangen-Artikel im Financeblog.

Ich behandle heute eine sehr interessante Frage, die zu den volkswirtschaftlichen Prinzipien gehört.

Was sind Wirtschaftszyklen? Wie entstehen sie? Wie laufen sie ab? Welche Auswirkungen haben diese Zyklen und welche Arten davon gibt es?

Zuerst beginnen wir mit der Frage:

Was sind Wirtschaftszyklen?

Wie alles in der Natur ist auch die Wirtschaft Schwankungen unterworfen. In der Wirtschaft entstehen diese durch den Wandel von Angebot und Nachfrage im Laufe der Zeit – dieser Wandel wiederum entsteht durch die Bereitschaft der Menschen zu konsumieren, bzw. zu produzieren.

Der Ablauf eines typischen Wirtschaftszykluses:

1) Der Aufschwung

In der Aufschwungsphase steigt die Produktion und der Konsum zuerst langsam, dann immer schneller an. Die Zinsen sind noch sehr niedrig (meistens sind diese aufgrund des letzten Abschwunges stark gesunken, da die Leute beim Abschwung nicht mehr konsumieren sondern eher Sparen möchten und eine erhöhte Nachfrage nach Spar-Möglichkeiten automatisch die Zinsen nach unten drück). Im Aufschwung nimmt dieses Verlangen zu Sparen langsam ab und immer mehr Leute möchten konsumieren. Das hat zur Folge, daß die Produktion gesteigert werden kann und neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Es entsteht langsam eine immer bessere Stimmung bei den Konsumenten und der Trend verstärkt sich selbst: Weniger Sparen -> mehr Nachfrage -> mehr Produktion -> mehr Arbeitsplätze -> bessere Stimmung etc.

Am Anfang des Aufschwunges ist meistens auch die Inflation noch relativ niedrig, wird aber während des Aufschwunges durch die verstärkte Nachfrage immer höher. Das Geld wechselt öfter den Besitzer, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöht sich deshalb und Güter können nicht mehr ausreichend schnell zur Verfügung gestellt werden. Die Nachfrage nach (Konsum)gütern überwiegt immer mehr das Angebot. Deshalb erhöhen sich langsam die Preise.

2) Der Höhepunkt (Boom, Hochkonjunktur)

Der Aufschwung geht also weiter. Die Nachfrage nach Produkten übersteigt noch immer das Angebot und die Inflation (Geldentwertung) steigt deshalb auch immer stärker an.
Es werden immer mehr Arbeitsplätze geschaffen um die Produktion der gesteigerten Nachfrage anzupassen, sodass es sogar (fast) zu Vollbeschäftigung kommen kann.
Die steigenden Preise haben aber zur Folge, dass die Menschen mit den niedrigen Sparzinsen nicht mehr zufrieden sind. Einerseits möchte man ein Produkt lieber heute als morgen erwerben, da ja die Preise immer höher werden. Andererseits ist man mit den niedrigen Sparzinsen nicht mehr zufrieden.
Da weniger gespart wird, müssen die Zinsen für Sparer attraktiver werden -> sie steigen.
Auf der anderen Seite erhöht auch die Zentralbank die Leitzinsen zu denen die anderen Banken bei ihr Geld ausleihen können meistens in Konjunkturphasen um einer Inflation gegen zu wirken.
Zinsen und Inflation (also das Preisniveau) steigen also während der Konjunktur an.
Dennoch wird immer mehr in den Ausbau von Produktionslinien investiert. Die Aufnahme von Fremdkapital nimmt zu – ein zusätzlicher Treiber für den Anstieg der Geldmenge.

3) Der Abschwung

Die Konjunktur folgt also weiter dem positiven Kreislauf: mehr Arbeitsplätze bzw. höhere Gehälter-> mehr Volkseinkommen -> mehr Nachfrage-> höhere Preise -> mehr Produktion -> mehr Arbeitsplätze usw.
Jetzt gibt es zwei Faktoren die diesen positiven Kreislauf unterbrechen und umkehren können:
1) Wie bereits erwähnt steigen durch die Preise auch die Zinsen, da man einerseits für Konsumverzicht und Sparen höhere Zinsen bieten muß, andererseits auch die Zentralbanken die Zinsen erhöhen um die Konjunktur abzukühlen. (Primär um eine Inflation zu verhindern und die Sparer zu schützen – keine Zentralbank will absichtlich eine Konjunktur gefährden, aber sie hat ein Inflationsziel das nicht zu stark überschritten werden sollte. Bei der EZB sind das z.B. 2% Inflation p.a.)
2) Irgendwann (wenn schon fast Vollbeschäftigung herrscht) und jeder seine wichtigsten Konsum-Wünsche befriedigt hat kann die Nachfrage nicht mehr steigen.

Der Markt ist dann gesättigt.  Das ist der Anfang vom Ende der Konjunktur.
Die Produktion ist oft in der Boom-Phase so stark erhöht worden, dass langsam ein Überangebot herrscht.
In einem gesättigten Markt nimmt der Wettbewerbsdruck stark zu. Die Preise müssen gesenkt werden um Produkte zu verkaufen (während der Boom-Phase wurden die Produktionslinien so weit ausgeweitet, dass jetzt nur noch “auf Lager” produziert wird.) Die Lagerstände erhöhen sich. Die Gewinnspannen sinken durch den Wettbewerb und die Zinsen sind immer noch relativ hoch.
Ein tödlicher Mix für viele Unternehmen. Aus Sicht des Konsumenten stagnieren die Preise zuerst bzw. können sogar anfangen zu sinken.
Sinkenden Preise (Deflation) ist für die Wirtschaft noch viel schlimmer als Inflation: Konsumenten warten mit ihrer Kaufentscheidung da sie in Zukunft erwarten weniger zu bezahlen.
Dadurch entsteht ein neuer Teufelskreis:
sinkende Preise -> Zurückhaltung beim Konsum -> weniger Produktion -> weniger Arbeitsplätze -> weniger Volkseinkommen -> sinkende Preise.
Um dem gegenzuwirken, senken die Zentralbanken in Abschwungphasen die Leitzinsen.

4) Die Rezession (bzw. Depression)

Die letzte Phase des Konjunkturzyklus ist nicht nur von einem Rückgang des Wirtschaftswachstums sondern von einem negativen Wachstum (quasi einer “Schrumpfung” der Wirtschaftsleistung) gekennzeichnet. Wenn der Abschwung so dramatisch ist, dass die gesamte Wirtschaftsleistung (das Brutto-Inlandsprodukt) für zwei Quartale in Folge zurück geht, dann spricht man von einer Rezession.
Dauert es deutlich länger, ist von einer Depression die Rede.
Während einer Rezession versuchen Staaten und Zentralbanken alles zu unternehmen um den Teufelskreis wieder umzukehren. Zinsen werden so stark gesenkt, bis der Sparwille wieder abnimmt und die Konsumneigung sich erhöht. Irgendwann startet ein neuer Aufschwung und der Zyklus beginnt dann von vorne.

Ein Blick auf die Konjunkturzyklen:

Die Veränderung des Bruttoinlandsproduktes in der USA, inflationsbereinigt
Die Veränderung des Bruttoinlandsproduktes in der USA, inflationsbereinigt

In dem Chart sehen wir die Veränderung des BIPs in den USA (in Prozent) pro Jahr inflationsbereinigt.
(Ich habe alle Zahlen aus den USA genommen, da sie am weitesten zurückgehen und am einfachsten verfügbar sind. In den anderen Wirtschaftsregionen schaut die Entwicklung aber ähnlich aus)
Man sieht, daß es seit Beginn der Aufzeichnungen (bei Bloomberg) im Jahr 1948 – also etwa in den letzten 65 Jahren – vier Rezessionen gab die durchschnittlich über ein Jahr dauerten. (Das BIP ging real über ein ganzes Jahr zurück – das Wachstum war negativ)
Es war dies in den Jahren 1949, 1970, 1974, 1980, 1982 und 2008 sowie 2009 der Fall.
Die Rezessionen 1974 und 1980 waren bedingt durch die beiden Ölkrisen. 1982 war aufgrund einer massiven Zinserhöhung durch die FED (Zentralbank der USA) um die Inflation zu bekämpfen und 2008/09 aufgrund der jüngsten Finanzkrise (ausgelöst durch  faule Immobilienkredite “subprime”). Der starke Schnitt 2000/01 hat seine Ursache im Platzen der Internet-Blase im Jahr 2000 sowie wegen der Terror-Angriffe am 11. September 2001.
Abschwünge und Rezessionen mit nur 2 Quartalen gab es öfter, die sind hier allerdings nicht so gut zu erkennen, da immer der Jahresschnitt gezeigt wird.
Was auch sehr interessant ist – hier allerdings nicht zu erkennen – ist, dass das Wirtschaftswachstum seit 1948 real (also inflationsbereinigt) über 700% betrug. Es hat sich also verachtfacht. Der durchschnittliche jährliche Zuwachs war etwa 3%.
Wieso das überhaupt möglich ist, dazu komme ich noch später.

Wie oft wiederholen sich die Wirtschaftszyklen?

Man sagt, daß sich die Zyklen etwa alle 7 Jahre wiederholen. Wenn man sich den Chart ansieht, sieht man aber, dass das natürlich wirklich nur eine Näherung ist. Die Zyklen sind unterschiedlich stark und dauern unterschiedlich lange.
Die einzige Regel die man also daraus ableiten kann: Es gibt diese Zyklen. Über die Dauer die Stärke der Ausschläge kann man keinerlei verlässliche Aussage treffen. So hab es z.B. in den 1990er Jahren zwar Rückgänge im Wachstum aber keine einzige Rezession.
Viele Zyklen wurden auch durch unvorhersehbare Ereignisse (wie z.b. die Ölkrisen) oder durch politische Aktionen (z.B. Bekämpfung der Inflation durch radikale Erhöhung der Zinsen) ausgelöst. Man kann also kein Muster ausmachen und sollte auch nicht versuchen das für die Zukunft zu tun.

Welche Auswirkung haben Wirtschaftszyklen?

Gewinn pro Aktie im S&P 500 - Index
Gewinn pro Aktie im S&P 500 – Index

Ich habe ja bereits erwähnt, daß sich das BIP in den USA inflationsbereinigt seit 1948 etwa verachtfacht hat.
Dieser Chart zeigt die Gewinne pro Aktie im S&P-500 Index. Der beste Maßstab für den Aktienmarkt in den USA. Diese Gewinne haben sich seit 1955 sogar um mehr als das fünfzigfache erhöht – allerdings ist diese Grafik leider nicht inflationsbereinigt, da sich so lange zurück reichende Daten über die Inflation nicht finden konnte.
Ich wage aber zu behaupten, daß die Gewinne in etwa ident mit dem BIP gewachsen sind.

Die Konjunkturdellen sind auch hier deutlich zu erkennen. Besonders der Einschnitt durch die Finanzkrise 2008, sowie durch das Platzen der Internetblase 2000/01. Auch die übrigen Rezessionen wie die Ölkrisen kann man bei genauem Hinsehen erkennen – sie sind durch den großen Maßstab mittlerweile aber fast bedeutungslos.

Die Zyklen haben also logischerweise eine Auswirkung auf die Gewinne der Unternehmen.

Auch der Zinsentwicklung  kann man die Wirtschaftszyklen wieder erkennen:

Leitzins in den USA seit 1955
Leitzins in den USA seit 1955

Seit der Beginn der Finanzkrise 2008 dümpeln die Zinsen in der Gegend von 0%. Auch beim Abschwung 2000/01 sind sie stark gesenkt worden.
Einzig die Rezession Anfang der 80er Jahre wurde durch extrem hohe Zinsen ausgelöst. Man wollte damals die starke Inflation durch eine markante Zinserhöhung bekämpfen.Bei der ersten Ölkrise 1973 ist man ähnlich vorgegangen. Die Zinsen sind im Prinzip bei beiden Ölkrisen soweit erhöht worden, bis die Wirtschaft in die Knie gegangen ist.
Insgesamt erkennt man auch bei der Zinsentwicklung die einzelnen Zyklen ganz gut. Ein Abschwung beginnt meistens bei einem Höhepukt und ein Aufschwung bei einem Tiefpunkt der Zinsen.
Ein extrem interessantes Phänomen ist bei den Zinsen der langfristige Trend seit Beginn der 80er Jahre – sie sind im Prinzip immer wieder auf neue Tiefs gesunken bis sie schließlich derzeit bei 0% angekommen sind…
Das gilt nicht nur für die USA sondern genauso auch für Europa und andere Wirtschaftsräume.

 Gibt es noch andere – übergeordnete Wirtschaftszyklen?

Alleine durch den Blick auf die Zinsentwicklung (Abwärtstrend seit 35 Jahren)  stellt sich automatisch die Frage ob es neben diesen “kleinen” Wirtschaftszyklen die beim BIP und bei der Zinsentwicklung Schwankungen erzeugen auch übergeordnete Zyklen gibt die z.B. die Zinsentwicklung wieder in einen neuen Aufwärtstrend bringen könnten.

Eine mögliche Erklärung dafür lieferte der russische Wirtschaftswissenschaftler Kontratieff: Er hatte die Idee von übergeordneten Wirtschaftszyklen “Kontretieff-Zyklen” die 50-70 Jahre andauern und von sogenannten Basis-Innovationen geprägt sind die die Arbeit bzw. das Leben der Menschen grundlegend verändert haben.
Er erkannte folgende Zyklen:

1) etwa 1800 – 1850: Dampfmaschine

2) etwa 1850 – 1900: Eisenbahn

3) etwa 1900 – 1950: Elektrifizierung

Da er leider im Jahr 1938 auf Befehl Stalins erschossen wurde – erlebte er die letzten beiden nach ihm benannten Zyklen nicht mehr:

4) etwa 1950 – 1990: Automobilität

5) etwa 1990 – inkl. heute: Informationstechnologie (Computer, Internet)

Jeder dieser Zyklen ist von einem längeren Aufschwung, gefolgt von einem etwa kürzerem Abschwung (“Kontratieff-Winter”) geprägt.

Die Argumentation für diese “Makro”-Zyklen ist, daß die Menschheit besonders in extrem schlechten Zeiten nach Möglichkeiten forscht, die Produktivität grundsätzlich zu verbessern. In Zeiten des Aufschwunges ist man nur damit beschäftigt die Bedürfnisse der Konsumenten zu befriedigen und Stand zu halten mit der Nachfrage. Im “Winter” hat man Zeit sich Gedanken zu machen, was man grundlegend verändern kann.
Bei Investitionen ist es ähnlich: Im Aufschwung wird das meiste Geld in den Ausbau von bestehenden Produktionsstätten investiert, da dort am meisten Ertrag zu erwarten ist.
Im Abschwung hingegen “sucht” sich das Geld andere Möglichkeiten der Investition. Forschung und Entwicklung bieten dann gute Gelegenheiten.

So hat Kontratieff z.B. die große Depression 1929 damit begründet, daß der 3. Kontratieff-Zyklus der Elektrifizierung bereits an seinem Zenit war. Jeder hatte bereits elektrisches Licht, Radio, etc. Es war zu dieser Zeit ein gesättigter Markt. Also begann der Abschwung der dann schließlich  zu der Innovation der Mobilisierung durch das Automobil für jedermann führte.

Dass Basisinnovationen großes Potential für Effizenzsteigerung und dadurch für Wirtschaftswachstum haben – daran besteht kein Zweifel. Man nehme nur das Beispiel des Computers: Was hat früher alles händisch erledigt werden müssen und viele Arbeitsplätze blockiert, was heute der Computer erledigen kann? (Buchhaltung, Textverarbeitung, CAD, etc.). Auch ist eine Email wesentlich effizienter, billiger und schneller  als ein normaler Brief. Beispiele gibt es also genug.

Allerdings glaube ich, daß man nicht einfach sagen kann: alle 50 Jahre kommt eine Basisinnovation. Wahrscheinlich beschleunigen sich diese Zyklen sogar immer mehr, da die bereits vorhandenen Innovationen und die immer größere Gesamteffizienz dazu beiträgt dass man immer schneller neue Innovationen entwickeln kann.

Auch eine Erklärung für das Phänomen der  – seit 35 Jahren – sinkenden Zinsen kann ich in diesem Modell nicht finden, zumal der große Fortschritt der Informationstechnologie bereits mitten in diesem Trend erfolgt ist (Mitte der 80er Jahre ist es mit Computern für jedermann losgegangen und Mitte der 90er Jahre erst wurde das Internet so richtig polulär). Die 90er brachten auch einen schönen Aufschwung, allerdings waren die Zinsen insgesamt bis heute auf Talfahrt.

Wie geht es mit der Wirtschaft langfristig weiter?

Die Menschheit hat immer wieder bewiesen, dass sie dazu in der Lage ist neue Erfindungen, neue Innovationen zu entwickeln.
Wir haben anfangs bereits gesehen, dass das BIP in den USA in den letzten 65 Jahren – inflationsbereinigt – um das Achtfache angewachsen ist.

Wie ist ein immerwährendes Wachstum möglich?

Es gibt immer wieder Systemkritiker (besonders Anti-Kapitalisten) die meinen unser (kapitalistisches) System erzwingt ein ständiges Wachstum und schadet deshalb der Natur – besonders durch erhöhten Rohstoff-Verbrauch.
Ich sehe das komplett anders: Die Menschheit strebt von Natur aus nach Innovation. Wir wollen immer neue Dinge entdecken und machen ständig neue Erfindungen die unser Leben vereinfachen. Bereits vor 250 Jahren – in der Barock-Zeit – gab es den Ausspruch “alles was man erfinden kann ist bereits erfunden”. Damals gab es gerade einmal die ersten Dampfmaschinen.

Die Effizienz mit der wir Dinge erledigen können hat seither ständig zugenommen und damit natürlich auch die Lebensqualität für jedermann.
Nimmt man als Beispiel die Zeit im Mittelalter, wo die meisten Menschen mit Landwirtschaft beschäftigt waren – also damit alle mit der nötigen Nahrung zu versorgen.
Jetzt könnte man argumentieren, daß durch Effizientsteigerung in der Landwirtschaft (z.B. durch Traktoren) Arbeitsplätze verloren gehen. Das stimmt aber nicht. Es werden Arbeitsplätze frei für andere Dinge. Wurden im Mittelalter 80% aller verfügbaren Arbeitsplätze dafür benötigt, die notwendige Nahrung zur Verfügung zu stellen, so sind es heute vielleicht nur noch 5%. 75% mehr als damals sind also für andere Dinge verfügbar.
Durch Steigerung der Effizienz steigt die Lebensqualität für jedermann und die Wirtschaftsleistung steigt insgesamt. Das hat nichts mit Kapitalismus zu tun sondern mit dem Streben der Menschheit nach Innovation und neuen Herausforderungen.
Neue Innovationen können aber sogar umweltschonend sein wie z.B. Elektro-Autos, alternative Energiequellen (Solar, Windkraft, etc). Die Argumentation, daß wir durch ständiges Wachstum die Welt kaputt machen kann ich also nicht durchgehen lassen.
Die Prämisse muss halt lauten: Verantwortungsvolles Wachstum – aber das ist möglich.

Das alles  ist ein weiteres Argument für die Investition in Aktien – im Gegensatz zur Investition in Gold, Anleihen oder Immobilien nimmt man bei Aktien an diesem Innovationsgeist unmittelbar teil.
Es wird z.B. immer wieder argumentiert, daß Gold inflationsbereinigt im Laufe von 2000 Jahren keinen Wert verloren hat. Man konnte damals für 1 Unze Gold einen schönen Anzug (im alten Rom z.B. wohl eher eine Toga) kaufen und heute bekommt man für 1 Unze Gold (etwa 1000 EUR) auch einen sehr schönen Anzug – aber nicht mehr.
Alleine in den letzten 50 Jahren hat aber das BIP in den USA inflationsbereinigt um das achtfache zugelegt.
Schade, daß es vor 2000 Jahren noch keine NYSE (New York Stock Exchange) gab und deshalb keine Aufzeichnungen von 2000 Jahren vorliegen 😉

 

 

Unser Geldsystem – Teil 2 – Wieso die Geldmenge immer wachsen muss

Im ersten Teil habe ich erklärt, wie Geld heutzutage geschöpft wird. Das war nicht immer so, aber ist es für die moderne Wirtschaft wohl der beste Kompromiss.

Heute  möchte ich gerne über die Vor- und Nachteile dieses Systems schreiben, und auch wieso es – trotz vieler Gegner – immer noch die beste Lösung für unsere Wirtschaft ist.

Was ist die Aufgabe von Geld?

Geld hat vor allem 2 Aufgaben: Tauschmittel und Wertaufbewahrungsmittel.
Als Tauschmittel fungiert Geld indem es Warentausch und Investitionen ermöglicht. Gleichzeitig kann es auch als Maßstab für die Bewertung von Anlagen wie z.B. Immobillien, Aktien, Rohstoffen, etc. dienen. Der Markt bestimmt durch den Tauschwert in Geld, den Preis für diese Dinge. Man kann den Wert also bequem in die Bilanzen übernehmen. Wenn am Markt für 1 Unze Gold 1300 USD bezahlt werden, so kann ich sagen, dass meine 3 Unzen Gold 3900 USD wert sind.
Auf der anderen Seite ist Geld ein Wertaufbewahrungsmittel. Das wissen besonders die Sparer unter uns. Geld am Sparbuch oder unter dem Kopfpolster bedeutet, daß man dieses Geld zu einem späteren Zeitpunkt für Sachwerte, Konsumgüter, Dienstleistungen etc. ausgeben kann. Man verzichtet also heute auf etwas, spart das Geld, damit man morgen etwas darum kaufen kann. (Das ist der Hauptgrund der Existenz von Zinsen. Zinsen sind quasi eine “Belohnung” für die Verzögerung von Konsum)

Diese Zwiespältigkeit zwischen Tauschmittel und Wertaufbewahrungsmittel sind das Hauptproblem von Geld.

Für eine florierende Wirtschaft ist es wichtig, daß das Geld immer in Bewegung ist. Sparen blockiert aber diese Bewegung, es entzieht Geld dem Kreislauf.

Dazu ein kurzes Gedankenexperiment:
Stellen wir uns einmal vor, es gäbe nur begrenzt Geld (z.B. 300 Einheiten) und 3 Wirtschaftstreibende die anfangs je 100 Einheiten besitzen z.B. ein Bauer, ein Bäcker und ein Lebensmittelhändler. Die 3 tätigen Monat für Monat Handel mit dem Geld: Der Bauer verkauft dem Bäcker Getreide, der Bäcker verkauft dem Lebensmittelhändler Brot und der Händler verkauft dem Bauern  gute Feinkost.
Dieser Kreislauf funktioniert so lange sich die getätigten Geschäfte die Waage halten. Mit dem vorhandenen Geld könnten die drei ewig auskommen und immer ihre Geschäfte abwickeln. Die dabei erzielten Umsätze würden die vorhandene Geldmenge sehr rasch übersteigen, da sich das Geld ständig in Bewegung befindet.
Was passiert aber nun, wenn einer der Beteiligten auf die Idee kommt zu Sparen?
Nehmen wir zum Beispiel an, der Bauer entscheidet sich seine Lebensmittel für einige Zeit nicht beim Händler zu beziehen, sondern das Geld zu sparen und von dem zu Leben was sein Hof hergibt.
Der Geldkreislauf wäre sofort blockiert. Der Bauer würde dem Bäcker Monat für Monat Getreide verkaufen und das Geld unter den Kopfpolster legen. Der Bäcker könnte dem Lebensmittelhändler noch einige Zeit lange Brot verkaufen, doch bald hätte dieser kein Geld mehr. Am Ende der Geschichte wäre das ganze Geld beim Bauern angespart und die beiden anderen wären pleite.

(Jetzt kann man noch philosophieren, wie es weitergeht, wenn der Bauer den beiden anderen jeweils wieder 100 Einheiten borgt damit sei weiter wirtschaften können, dafür aber Zinsen verlangt 😉

Warum muß die Geldmenge immer wachsen?

Nach diesem Gedankenexperiment können wir diese Frage beantworten. Ersparnisse die dem Geldumlauf entzogen sind – auch wenn sie auf Girokonten lagern – blockieren den Geldfluß in der Wirtschaft.
Viele werden glauben, daß die Banken doch einfach das Geld welches Sparer auf ihren Konten parken wieder verleihen kann.
Das ist auch das was man eigentlich über Banken schon als Kind lernt. Man bringt sein Geld auf die Bank, damit es dort “arbeitet”. Die Bank verborgt das Geld dann an andere und man bekommt dafür Zinsen.
Das stimmt leider so nicht: Das moderne Geldsystem funktioniert so, daß die Bank bei jedem Kredit den sie vergibt neues Geld schöpfen muss.
Banken verborgen keine Einlagen, es ist unmöglich für sie das zu tun.

Schauen wir uns noch einmal eine Bankbilanz an, nachdem Kunde A 100 auf die Bank getragen hat und auf sein Konto eingezahlt hat.

Bankbilanz
AKTIVA PASSIVA
Guthaben bei Zentralbank 150 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 150 Summe Passiva 150

Nun möchte Kunde B sich einen Kredit über 100 aufnehmen:
Die Bank muß dafür in Ihre Bilanz den Kreditvertrag auf die Aktiv-Seite stellen. Sofern sich der Kunde den Kredit nicht in bar auszahlen lässt (was selten der Fall ist – das wäre in dem Fall dann ein Aktiv-Tausch: Guthaben bei Zentralbank – Bargeld ist Zentralbankgeld – gegen Kreditvertrag, muss sie ihm also auf der Passiv-Seite ein Guthaben einrichten.
Nachher sieht die Bilanz so aus:

Bankbilanz
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 100 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Guthaben bei Zentralbank 150 Guthaben auf Konto Kunde B 100
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 250 Summe Passiva 250

Wie im ersten Teil beschrieben sehen wir hier wieder ein klassisches Beispiel von Geldschöpfung. Es ist der Bank gar nicht anders möglich Geld zu verborgen, als es zu “erschaffen”. Die Einlagen von Kunde A werden  jedenfalls nicht angetastet und die Zentralbankreserven auch nicht.
Wenn Kunde A also sein Geld einfach auf dem Konto liegen lässt, dann ist es im Kreislauf nicht vorhanden.

Wenn man sich die Entwicklung der Geldmenge M1 des US-Dollars ansieht (M1 heisst das Geldmengen-aggregat aus Bargeld und Sichteinlagen – Giro-Konten mit Tagesgeld) und mit den Einlagen bei der Bank of America (einer der größten Banken der Welt) vergleicht ist dieser Zusammenhang deutlich zu erkennen.

Die Geldmenge M1 des US-Dollars
Die Geldmenge M1 des US-Dollars

 

Die Sichteinlagen bei er weltgrößten Bank, der Bank of America
Die Sichteinlagen bei einer der weltgrößten  Banken, der Bank of America

Auf einigen Internet-Seiten zur Geldschöpfung wird behauptet, daß das Vorhandensein von Zinsen für den starken – fast exponentiellen – Anstieg der Geldmenge verantwortlich ist, da ja Geld aus dem Nichts geschaffen wird, dafür aber Zinsen anfallen.
Das Geld für die Zinsen – so wird erklärt – wird aber NICHT gleich mit geschöpft. So müssen immer mehr Kredite aufgenommen werden, also immer neues Geld geschöpft werden, damit diese Zinsen bezahlt werden können. Also sind die Banken die Gewinner in dem System, da ihnen diese Zinsen ja zu Gute kommen.
Leider kann ich diese Argumentation nicht ganz nachvollziehen: Wenn dem so wäre, müssten die Banken ja in Eigenkapital regelrecht ersticken. Wahr ist viel mehr, daß die Bank ja auch für die Einlagen Zinsen bezahlen muss – also nur die Zinsdifferenz aus Krediten und Einlagen ein nimmt. Von diesen Einnahmen müssen sie aber den laufenden Betrieb bezahlen, Gehälter, Mieten, etc. Außerdem müssen sie Rücklagen für Kreditausfälle bilden.
Alleine durch die Bezahlung des laufenden Betriebes kommt von den Banken wieder Geld im Umlauf, welches für die Bezahlung der Zinsen “genutzt” werden kann – es muss also nicht zusätzlich geschöpft werden.
Die wäre Ursache für das Wachstum der Geldmenge ist also eine zu geringe Umlaufgeschwindigkeit.

Die Quantitätsgleichung:

Um diesen Zusammenhang zu erklären, wird oft die Quantitätsgleichung hergenommen. Sie lautet folgendermaßen:

Geldmenge mal Umlaufgeschwindigkeit = Preisniveau mal Anzahl der Transaktionen

Die rechte Seite der Gleichung beschreibt im Prinzip unsere Wirtschaftsleistung, also das BIP (in dem Fall auch nominales BIP genannt, da es hier nicht inflationsbereinigt ist). Am Preisniveau kann man die Inflation ablesen. Wenn die Geldmenge und die Umlaufgeschwindigkeit also konstant wären und auch konstant viele Güter verkauft werden, wäre das Preisniveau auch stabil.
Erhöht sich aber die Anzahl der Güter (z.B. bei Wirtschaftswachstum) und die Geldmenge sowie die Umlaufgeschwindigkeit bleiben statisch, führt das zu einem Preisverfall, also zu Deflation. Umgekehrt führt eine zu große Geldmenge bzw. Umlaufgeschwindigkeit zu Inflation.

In den letzten Jahren hat sich also die Geldmenge durch Zentralbankmaßnahmen (wie z.B. Zinssenkungen, oder das quantitative easing der FED) sehr stark erhöht – wie auch in dem Chart zu sehen ist. Diese Maßnahmen waren aufgrund der Finanzkrise erforderlich um eine Deflation zu verhindern. Die Umlaufgeschwindigkeit ist stark zurückgegangen. Jeder hat Angst vor Investitionen. Hätten die Zentralbanken nicht gegengesteuert, wäre ein Teufelskreis in Gang gekommen, der meiner kurzen Geschichte/Gedankenexperiment sehr ähnlich gewesen wäre.

Unser Geldsystem erlaubt es also, daß die Geldmenge mit der Wirtschaft mitwachsen kann. Bei einer Goldwährung wäre das z.B. nicht möglich.

Wie entsteht Geld? Und wie funktioniert unser Banken-System? – Teil 1

Heute möchte ich gerne erklären wie Geld entsteht und was Geld eigentlich ist.
Wir alles verwenden es täglich zum Bezahlen, wir sind froh wenn wir genug davon haben – aber kaum jemand hat eine Ahnung über den Ursprung des Geldes. Wo kommt das Geld eigentlich her, welches wir in unserer Brieftasche und am Bankkonto haben? Viele denken, die europäische Zentralbank bringt unseren Euro  in Umlauf. Das ist aber nicht richtig. Die ganz normalen Geschäftsbanken erschaffen das Geld im heutigen System.

Ich bemühe mich es so zu erklären, daß es für jeden verständlich ist. Es ist sehr wichtig diesen Prozeß zu verstehen, da natürlich das Verständnis des Geldsystems für viele wirtschaftlichen Überlegungen essenziell ist.
Man findet im Internet zahlreiche Seiten die die Geldschöpfung beschreiben – leider verstricken sich viele davon in unnötigen Verschwörungstheorien. Ich versuche deshalb alles möglichst sachlich zu erklären.

Ich versuche den Prozeß der “Gelderschaffung” bzw. “Geldschöpfung” wie er meist genannt wird, anhand von vereinfachten Bank-Bilanzen zu erklären. Einfache Kenntnisse im Lesen von Bilanzen setze ich voraus, versuche es aber dennoch so einfach zu halten und zu erklären, dass man kein Bilanzbuchhalter sein muss um es zu verstehen.

Nehmen wir also einmal eine Bankbilanz her, wie sie aussieht bevor neues Geld entsteht:

Bankbilanz
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 100 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Guthaben bei Zentralbank 100 Guthaben auf Konto Kunde B 50
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 200 Summe Passiva 200

Wie wir wissen, steht bei einer Bilanz immer auf der Aktiv-Seite das Vermögen eines Unternehmens und auf der Passiv-Seite die Schulden und das Eigenkapital.
Vereinfacht gesagt: AKTIVA = Mittelverwendung, PASSIVA = Mittelherkunft.
Also sehen wir auf der Passiv-Seite wo das Geld herkommt, und auf der Aktiv-Seite wofür es verwendet wurde.

In dem oben genannten – stark vereinfachtem – Beispiel also hat eine Bank das Geld von 2 Kunden (Kunde A und Kunde B) bekommen. Diese Kunden haben auf ihrem Konto ein Guthaben von 100 (Kunde A) bzw. 50  Euro (Kunde B). Aus Sicht der Bank besteht eine Schuld gegenüber diesen Kunden.
Als Vermögenswerte hat die Bank Kreditverträge, die 100 wert sind und ein Guthaben bei der Zentralbank ebenfalls in Höhe von 100. Die Vermögenswerte sind also insgesamt 200 wert, die Schulden gegenüber Kunden nur 150. Die Differenz ist das Eigenkapital der Bank.

Wir werden jetzt Geld von seiner Geburt bis zum Tod begleiten:

Was passiert nun, wenn Geld entsteht?

Kunde C kommt zur Bank und möchte einen Kredit in Höhe von 100 aufnehmen. Nachdem die Bank entschieden hat, dass er über ausreichend Bonität verfügt bzw. ausreichend Sicherheiten bringen kann, gewährt sie ihm einen Kredit und schreibt ihm 100 auf seinem Konto gut.
Die Bilanz der Bank sieht nachher so aus:

Bankbilanz
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 200 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Guthaben bei Zentralbank 100 Guthaben auf Konto Kunde B 50
Guthaben auf Konto Kunde C 100
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 300 Summe Passiva 300

Kunde C hat also auf seinem Konto ein Guthaben von 100, die Bank schuldet ihm quasi diese 100.  Dieses Guthaben ist Geld, welches vorher nicht existiert hat und im Moment der Kreditgewährung durch die Bank geschaffen wurde.
Man spricht deshalb auch von “fiat-money” – lat. “Es werde Geld!”
Beim Anlagevermögen der Bank (Aktiva) sind 100 an Kreditverträgen dazugekommen, da ja der Kunde der Bank ebenfalls 100 schuldet die er irgendwann zurückzahlen muss.
Man sieht auch, daß sich beim Zentralbankguthaben nichts geändert hat, auch nicht beim Eigenkapital der Bank und bei den Einlagen der anderen Kunden.
Daraus ist deutlich zu erkennen, daß die Bank ohne Mitwirken der Zentralbank neues Geld erschaffen kann.
Geld entsteht durch die Vergabe eines neuen Kredites, und es werden dafür weder Zentralbank-Reserven noch die Guthaben der anderen Bankkunden angetastet. Das ist insofern interessant, da viele Leute glauben, die Bank verleiht das Geld welches sie am Konto haben an andere Kunden weiter. Das tut sie aber nicht wie wir an dem Beispiel sehen können.

Kunde C möchte mit dem Kredit ein Auto bezahlen welches er Kunde D bei Bank2 abkauft.

Was passiert, wenn Geld von einer Bank zur anderen transferiert wird?

Wenn Kunde C und Kunde D bei der selben Bank sind, ist die Sache ganz einfach. Die Bank muss nur beim Guthaben des einen Kunden 100 abziehen und beim anderen Kunden hinzufügen. An allen anderen Bilanzpositionen ändert sich nichts.
Etwas komplexer ist es, wenn Kunde C und Kunde D nicht bei der selben Bank ihr Konto haben. Dann funktioniert der Transfer meistens – aber nicht notwendigerweise – mit Hilfe der Zentralbank.

Hier die Bilanzen von den beiden Banken vor der Transaktion:

Bankbilanz Bank1
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 200 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Guthaben bei Zentralbank 100 Guthaben auf Konto Kunde B 50
Guthaben auf Konto Kunde C 100
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 300 Summe Passiva 300
Bankbilanz Bank2
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 0 Guthaben auf Konto Kunde D 0
Guthaben bei Zentralbank 50 Eigenkapital 50
Summe Aktiva 50 Summe Passiva 50

Die Bank2 in diesem Beispiel hat gerade neu eröffnet mit einem Eigenkapital von 50, welches sie bei der Zentralbank “angelegt” hat und hat nur einen Kunden, Kunde D, der dort ein Konto eröffnet hat und noch keine Einzahlungen getätigt hat.

Nachdem Kunde C von Bank1 an Kunde D von Bank2 die Überweisung von 100 getätigt hat, sehen die Bilanzen der beiden Banken wie folgt aus:

Bankbilanz Bank1
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 200 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Guthaben bei Zentralbank 0 Guthaben auf Konto Kunde B 50
Guthaben auf Konto Kunde C 0
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 200 Summe Passiva 200
Bankbilanz Bank2
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 0 Guthaben auf Konto Kunde D 100
Guthaben bei Zentralbank 150 Eigenkapital 50
Summe Aktiva 150 Summe Passiva 150

Die Bilanzsumme der Bank1 ist um 100 zurückgegangen. Sie hat kein Guthaben mehr bei der Zentralbank und “schuldet” Kunde C nichts mehr – er hat kein Guthaben mehr bei der Bank.
Bei Bank2 ist dafür die Bilanzsumme um 100 angewachsen. Das Zentralbankguthaben ist um 100 gestiegen, genauso aber die Schuld an Kunde D – welcher ein Guthaben von 100 auf seinem Konto hat.

Am Eigenkapital der beiden Banken ändert sich nichts, an den Einlagen der anderen Kunden ebenfalls nicht.
So sieht also eine Transaktion mit Hilfe der Zentralbank aus.

Banken können allerdings auch ohne Hilfe der Zentralbank Transaktionen untereinander verrechnen.
In unserem Beispiel würde die Bilanz der beiden Banken nach der Transaktion dann so aussehen:

Bankbilanz Bank1
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 200 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Guthaben bei Zentralbank 100 Guthaben auf Konto Kunde B 50
Guthaben auf Konto Kunde C 0
Verbindlichkeit gegenüber Bank2 100
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 300 Summe Passiva 300
Bankbilanz Bank2
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 0 Guthaben auf Konto Kunde D 100
Guthaben bei Zentralbank 50 Eigenkapital 50
Guthaben bei Bank1 100
Summe Aktiva 150 Summe Passiva 150

In Diesem Fall gewährt Bank2 der Bank1 einen Kredit über die 100 die der Kunde C von Bank1 an Bank2 überweist. Man spricht in diesem Fall von Interbankengeld.
Ein Großteil der Transaktionen in einem funktionierenden Bankensystem basieren auf diesem Interbankengeld. Da sich viele Transaktionen ausgleichen – die meisten Banken haben zig-tausende Kunden die immer wieder Geld hin und her transferieren, muss nur die Differenz alles Transaktionen einmal täglich aufgerechnet werden. Wenn also z.B. von Bank1 insgesamt 1000 Kunden insgesamt 2 Mio an Bank2 überweisen und von Bank2 insgesamt 800 Kunden 1,8 Mio an Bank1 überweisen, so muss nur der Differenzbetrag von 0,2 Mio verrechnet werden.
Ein wichtiger Referenzzinssatz, der auch sehr bekannt ist und oft Basiszinssatz auch in Kreditverträgen etc. ist ist der EURIBOR (european interbanking offered rate). Der 3-Monats-EURIBOR ist also der Zinssatz zu dem eine Bank der anderen für 3 Monate Geld “borgt”.
Am Höhepunkt der Finanzkrise 2008/09 ist dieses Interbankengeschäft beinahe zum Erliegen gekommen, da sich die einzelnen Banken nicht mehr gegenseitig vertraut haben.

Wie verschwindet Geld wieder?

Wenn nun Kunde C, der sich bei seiner Bank 100 ausgeborgt hat, diese wieder zurückbezahlt, sieht die Bilanz der Bank so aus:

Kunde C überweist 100 auf die Bank, die ihm auf seinem Konto gutgeschrieben werden. Die Bilanz der Bank schaut dann so aus:

vor der Kredittilgung:

Bankbilanz
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 200 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Guthaben bei Zentralbank 100 Guthaben auf Konto Kunde B 50
Guthaben auf Konto Kunde C 100
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 300 Summe Passiva 300

nachher:

Bankbilanz
AKTIVA PASSIVA
Kreditverträge 100 Guthaben auf Konto Kunde A 100
Guthaben bei Zentralbank 100 Guthaben auf Konto Kunde B 50
Guthaben auf Konto Kunde C 0
Eigenkapital 50
Summe Aktiva 200 Summe Passiva 200

Er möchte mit diesen 100 den Kredit tilgen. Infolge dessen verringern sich die Kreditverträge in den Aktiva der Bank um 100 und das Guthaben auf seinem Konto erlischt, da es ja zur Kredittilgung verwendet wurde.
Geld in Höhe von 100 ist also verschwunden.
Fazit: Geld verschwindet durch die Tilgung von Krediten, also durch die Rückzahlung von Schulden.

Über die Konsequenzen, Vorteile und Nachteile dieses Systems werde ich in Teil 2 schreiben, damit dieser Artikel nicht zu lange wird.