Zalando ist – nach eigenen Angaben – mit 13,7 Millionen aktiven Kunden und 100 Millionen monatlichen Besuchen auf der Website www.zalando.de der weltweit größte ausschließlich online tätige Modehändler.
Es werden mehr als 150.000 verschiedene Artikel aus dem Modebereich (Schuhe, Kleidung, Accessoires) von mehr als 1500 Modemarken online angeboten. Eigenmarken waren im Jahr 2013 für 16% der Umsatzerlöse verantwortlich.
Jetzt plant man einen Börsegang für 1. Oktober 2014 – die Zeichnungsfrist beginnt am 18. September und endet am 29. September 2014
Ich habe mir den IPO-Prospekt heruntergeladen und analysiert sowie einen Vergleich mit bereits börsenotierten Mitbewerbern erstellt.
Anbei eine kurze Zusammenfassung des Angebots laut Prospekt:
Das Angebot im Überblick:
alte Aktien |
220.296.000,00 |
neue Aktien |
28.147.656,00 |
Preisspanne |
18,00 |
22,5 |
Preis/Aktie Mittelwert |
20,25 |
IPO-Erlös |
569.990.034,00 |
nach IPO: |
Aktien gesamt |
248.443.656,00 |
neues Kapital |
569.990.034,00 |
Marktkapitalisierung |
5.030.984.034,00 |
Eigenkapital gesamt |
1.097.700.000,00 |
Es werden bis zu 28.147.656 neue Aktien auf den Markt gebracht, das entspricht 11,33% aller Aktien des Unternehmens nach dem Börsegang. Die Preisspanne liegt zwischen EUR 18 und EUR 22,5. Ich habe für meine Berechnungen den Mittelwert von 20,25 hergenommen.
Der Erlös fließt zur Gänze dem Unternehmen zu. Das Eigenkapital erhöht sich damit um etwa 570 Mio EUR.
Der Vergleich:
Zalando ist zwar ein E-Commerce-Unternehmen, allerdings handelt man ausschließlich mit Modeartikeln. Ich habe deshalb für den Vergleich den bekanntesten E-Commerce-Händler AMAZON sowie die zwei größten Mode-Unternehmen der Welt: Inditex (Zara) und Hennez & Maurice (H&M) hergenommen.
Umsatz:
|
Zalando |
H&M |
INDITEX |
AMAZON |
Umsatz |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
2010 |
154,00 |
n/a |
108.483,00 |
n/a |
11.083,51 |
n/a |
34.204,00 |
n/a |
2011 |
509,90 |
231,10% |
109.999,00 |
1,40% |
12.526,60 |
13,02% |
48.077,00 |
40,56% |
2012 |
1.158,70 |
127,24% |
120.799,00 |
9,82% |
13.792,61 |
10,11% |
61.093,00 |
27,07% |
2013 |
1.762,00 |
52,07% |
128.562,00 |
6,43% |
15.946,14 |
15,61% |
74.452,00 |
21,87% |
2014E |
2.094,20 |
18,85% |
149.557,00 |
16,33% |
17.986,59 |
12,80% |
90.903,24 |
22,10% |
2015E |
n/a |
n/a |
167.334,52 |
11,89% |
19.886,37 |
10,56% |
109.249,21 |
20,18% |
Zuerst einmal der Blick auf die Umsatzentwicklung: Zalando hatte in seinen Anfangsjahren ein rasantes Wachstum welches sich von 2013 auf 2014 stark verlangsamt hat (hier liegen erst Halbjahreszahlen vor, ich habe allerdings das restliche Jahr interpoliert). Diese Interpolation ist vielleicht ein wenig unfair, da das Weihnachtsgeschäft dabei nicht berücksichtigt ist.
Aber auch wenn man das 1. HJ von 2013 mit dem 1.HJ von 2014 vergleicht ist der Wachstumsrückgang deutlich zu erkennen: Im ersten Halbjahr 2013 war der Umsatz 808,6 Mio und im ersten HJ 2014 waren es 1047,1 Mio, was einem Anstieg von 29% entspricht – also auch unter dieser Betrachtung hat sich das Wachstum gegenüber dem Vorjahr fast halbiert.
Es ist also zu erwarten, daß das Wachstum in den nächsten Jahren sich an das von Amazon angleichen wird. Die “klassischen” Mode-Konzerne wachsen natürlich langsamer, dafür sind sie wesentlich profitabler wie wir später sehen werden.
Bruttoergebnis und Bruttomarge:
|
Zalando |
H&M |
INDITEX |
AMAZON |
Bruttoergebnis |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
2010 |
73,10 |
n/a |
68.269,00 |
n/a |
6.328,01 |
n/a |
7.643,00 |
n/a |
2011 |
234,20 |
220,38% |
66.147,00 |
-3,11% |
7.422,02 |
17,29% |
10.789,00 |
41,16% |
2012 |
525,90 |
124,55% |
71.871,00 |
8,65% |
8.180,40 |
10,22% |
15.122,00 |
40,16% |
2013 |
715,00 |
35,96% |
76.033,00 |
5,79% |
9.529,32 |
16,49% |
20.271,00 |
34,05% |
Bruttomarge |
Zalando |
H&M |
Inditex |
AMAZON |
2010 |
47,47% |
62,93% |
57,09% |
22,35% |
2011 |
45,93% |
60,13% |
59,25% |
22,44% |
2012 |
45,39% |
59,50% |
59,31% |
24,75% |
2013 |
40,58% |
59,14% |
59,76% |
27,23% |
Das Bruttoergebnis errechnet sich in dem man den direkten Wareneinsatz vom Umsatz abzieht, also quasi das was an den einzelnen Artikeln an Gewinnspanne übrig bleibt, wenn man alle anderen Kosten wie Personalaufwand, Vertriebskosten, etc. vernachlässigt.
Die Bruttomarge sagt aus wie viel Prozent vom Umsatz zum Bruttogewinn gezählt werden können, also um wie viel die Waren billiger eingekauft/produziert als verkauft werden können.
Hier liegt Zalando zwar vor Amazon, aber deutlich hinter den anderen Textil/Mode-Konzernen. Ich denke der Vergleich mit Amazon hinkt hier ein wenig, da Amazon ja quasi alles verkauft – von Büchern über Haushaltsartikel und Elektronik, DVDs bis zu Mode.
Im Vergleich zu den Unternehmen die sich auf Mode spezialisiert haben steht Zalando hier also nicht besonders gut da.
Nettogewinn:
|
Zalando |
H&M |
INDITEX |
AMAZON |
Netto-Gewinn |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
in Mio |
Zuwachs |
2010 |
-23,10 |
n/a |
18.681,00 |
n/a |
1.314,35 |
n/a |
1.152,00 |
n/a |
2011 |
-59,70 |
158,44% |
15.821,00 |
-15,31% |
1.731,83 |
31,76% |
631,00 |
-45,23% |
2012 |
-85,60 |
43,38% |
16.867,00 |
6,61% |
1.932,29 |
11,57% |
-39,00 |
-106,18% |
2013 |
-116,30 |
35,86% |
17.152,00 |
1,69% |
2.360,76 |
22,17% |
274,00 |
-802,56% |
2014E |
1,40 |
-101,20% |
20.008,07 |
16,65% |
2.540,30 |
7,61% |
1.224,15 |
346,77% |
2015E |
n/a |
n/a |
22.423,97 |
12,07% |
2.894,55 |
13,95% |
2.231,50 |
82,29% |
Beim Gewinn schaut es gar nicht gut aus – im Jahr 2014 könnte sich gerade einmal eine schwarze Null bei Zalando ausgehen, was im Vergleich zu den Vorjahren schon ein großer Fortschritt wäre. Bisher (bis 2013) sind ja die Verluste Jahr für Jahr gewachsen. In den Gewinn und Verlust-Rechnungen des Börseprospektes fallen besonders die exorbitant hohen Vertriebskosten auf die Zalando in der Vergangenheit hatte – die Frage ist ob da nicht z.B. auch zurückgesandte Ware einerseits als Umsatz und andererseits als Vertriebskosten bzw. als anderer Aufwand gebucht wurde?
Ein großer Nachteil eines online-Mode-Versandes ist immerhin, daß man die Kleidung nicht anprobieren kann bevor man sie kauft, so wie das üblich ist wenn man sie auf normalem Weg im Ladengeschäft kauft. Zalando bietet ja an, daß man die Ware wenn sie nicht passt einfach zurücksenden kann und nichts bezahlen muss.
Ertragsstärke:
GK-Rendite |
Zalando |
H&M |
Inditex |
AMAZON |
2010 |
n/a |
31,57% |
15,77% |
6,13% |
2011 |
-22,02% |
26,29% |
17,62% |
2,50% |
2012 |
-10,37% |
28,03% |
17,63% |
-0,12% |
2013 |
-10,85% |
26,12% |
18,31% |
0,68% |
Da bei den im Prospekt veröffentlichen Bilanzen nur die Jahre 2011 bis 2013 abgedeckt sind, kann ich für Zalando auch die Gesamtkapitalrendite nur für diese Jahre berechnen. Beim Mitbewerb habe ich 2010 – 2013 berechnet.
Hier ist zu sehen, daß die “klassischen” Mode-Händler H&M und Inditex Zalando weit überlegen sind. Auch der E-Commerce-Gigant Amazon hat bessere Werte, wenn auch nicht berauschend.
Ich denke also Zalando will vorallem auf den E-Commerce-Hype aufspringen, der hohe Bewertungen für relativ schlechte Unternehmens-Performance erlaubt,
Nun zur Bewertung:
Bewertung |
Zalando |
H&M |
Inditex |
AMAZON |
Marktkapitalisierung |
5.030,98 |
515.720,44 |
70.748,00 |
149.699,70 |
KUV |
2,86 |
4,01 |
4,44 |
2,01 |
KBV |
4,58 |
11,40 |
7,63 |
15,36 |
KGV |
3.593,56 |
25,78 |
27,85 |
122,29 |
Die Kennzahlen basieren bis auf das KUV auf 2014er Zahlen. Beim KUV habe ich 2013 hergenommen, da der Umsatz 2014 für Zalando sehr schwer vorhersagbar ist.
Insbesondere im Vergleich zu den “old-school” Händlern ist Zalando massiv überbewertet. Die beiden Textil-Riesen H&M und Inditex sind solide Unternehmen mit recht passablem Wachstum und soliden Ertragskennzahlen. Bereits bei Amazon kauft man sehr viel Wachstumsphantasie mit der Aktie mit, allerdings ist Amazon bereits um ein vielfaches größer und bekannter als Amazon. Umso verwunderlicher ist es, daß Zalando noch ein höheres KUV hat als Amazon.
Zu den Chancen und Risiken:
Ein kleines Unternehmen (wie Zalando es im Vergleich zu den anderen eindeutig ist) kann natürlich – wenn das Management geschickt agiert – schneller wachsen als ein Riese.
Auf diesem erwartetem Wachstum basiert bereits heute der verlangte Preis für die Aktie. Um z.B. ein “vernünftiges” KGV von etwa 20 – 25 zu haben, müsste Zalando seinen Gewinn auf 250 Mio EUR erhöhen.
Das ist bei einer Firma die gerade einmal den Turnaround geschafft hat sehr schwer vorhersagbar. Bis 2014 hat man schließlich nur die Verluste vergrößern könnnen.
Dazu kommen noch folgende Risiken die im Prospekt vom Unternehmen selbst an erster Stelle erwähnt werden:
• In den ersten sechs Jahren nach unserer Gründung haben wir erhebliche operative Verluste erlitten, und es ist nicht gewährleistet, dass wir in Zukunft unsere Profitabilität erreichen oder aufrechterhalten werden können.
• Möglicherweise sind wir nicht in der Lage, unsere Umsatzerlöse
oder unser Geschäft aufrechtzuerhalten oder auszubauen.
Mir kommt es leider so vor, daß der Börsegang notwendig war um überhaupt Kapital zum weiteren Überleben aufzunehmen – von Wachstum ganz zu Schweigen. Man möchte wohl den E-Commerce-Hype nutzen um auf den Zug aufzuspringen und eine gute Bewertung zu erzielen.
Immerhin haben die Eigentümer in den letzten Jahren auch bereits mehrere hundert Millionen Euro als Eigenkapital nachschießen müssen.
Aus diesen Gründen würde ich sehr vorsichtig sein, diese Aktie zu zeichnen.
Insgesamt ist es eher beunruhigend, das die Zahl der IPOs in letzter Zeit so stark zu nimmt – das ist leider immer ein Zeichen einer beginnenden Überhitzung des Marktes. Die Euphorie steigt und jeder möchte an die Börse und gute Bewertungen abräumen. All das haben wir schon öfters erlebt z.B. 1999/2000 sowie 2006/2007…
Wenn man sich seine Investments bedacht aussucht kann einem das allerdings kalt lassen..