Nach einer kurzen Unterbrechung gibt es heute wieder einen frischen Artikel für mein Blog – dieser Artikel war relativ aufwendig, da ich mich bemüht habe die Grundlagen für jedermann verständlich zu erklären.
Aktien gehören meiner Ansicht nach in jedes Portfolio. Mit dem Sparbuch oder der Lebensversicherung kann man heutzutage nicht einmal ausreichend Ertrag erwirtschaften um der Inflation zu entkommen. Das so angelegte Geld wird real immer weniger wert.
Wie kann man also sein Vermögen sinnvoll schützen, bzw. für die Altersvorsorge aufbauen? Das Hauptargument sind immer wieder Sachwerte wie Immobilien oder Gold. Natürlich “entkommt” man durch die Investition in Sachwerte der Inflation ganz gut.
Was viele aber nicht glauben wollen: Auch Aktien sind Sachwerte! Es sind Beteiligungen an Unternehmen, mit allen damit verbundenen Rechten. Einem Aktionär gehört ein Teil der Firma. Er ist beteiligt am Gewinn und hat auch ein Stimmrecht.
Natürlich gibt es gute und schlechte Firmen, und wenn man nun einfach “blind” irgendwelche Aktien oder Index-Zertifikate kauft wird man auch sehr oft daneben greifen und schlechte Erfahrungen sind vorprogrammiert. Daraus resultieren dann die typischen Abwehr-Argumente gegen ein Aktieninvestment: Zu gefährlich, viel zu unsicher, nur Zocker machen das, etc.
Es ist also erforderlich, sich mit der Materie ein wenig zu beschäftigen. Das sollte selbstverständlich sein, da es ja um das eigene – hart erarbeitete – Geld geht.
Dazu ein Beispiel:
Die Aktionärsquote – also die Anzahl der Leute in der Bevölkerung die direkt oder indirekt (über Fonds) Aktien besitzen – macht in Österreich und Deutschland nur ca. ein Drittel dessen aus wie in den USA oder der Schweiz. (In Österreich halten etwa 8% der Bevölkerung Aktien, in den Schweiz und den USA sind es über 25%)
In der Schweiz habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Bevölkerung dort sehr gut aufgeklärt ist über Wirtschaftsthemen – und auch sehr interessiert. Man muss sich nur einmal das Fernsehprogramm des Schweizer Rundfunks ansehen: sehr viele Sendungen mit Wirtschaftsthemen, sehr viele Interviews mit CEOs von börsennotierten Firmen, etc. während bei uns “Dancing Stars” oder “Teenager werden Mütter” läuft..
Ich möchte mit diesem Artikel eine Serie von Beiträgen beginnen, in denen ich die fundamentalen Fakten näher bringen, die jeder wissen sollte bevor er sich für oder gegen ein Aktieninvestment entscheidet.
Los gehts!
Wie ich schon erwähnt habe gibt es gute und schlechte Firmen an der Börse.
Wir wollen natürlich nur die Guten in unserem Portfolio haben – und zu teuer dürfen sie auch nicht sein.
Also ist es die erste Aufgabe – und das zuerst einmal völlig unabhängig vom aktuellen Aktienkurs des Unternehmens – die wirklich Guten Unternehmen herauszupicken.
Ich untersuche die Unternehmen immer nach folgenden 3 Kriterien:
1) Marktstellung
2) Ertragskraft
3) Wachstumschancen
Die Kriterien im Detail:
Bezüglich Marktstellung sollte man sich folgende Fragen stellen:
Ist das Unternehmen bekannt?
Haben die Menschen täglich damit zu tun?
Ist das Unternehmen durch starke Marken präsent?
Wie hart ist der Wettbewerb?
Eine starke Marke und ein Produkt dass möglichst viele Menschen haben möchten sind eine ideale Kombination, wie z.B. Coca-Cola, Pampers, Nespresso, Gilette, etc.. Oft kommt man auf gute Investment-Ideen wenn man schaut, was in den Supermarkt-Regalen steht bzw. was man selbst oft kauft. Auch die TV-Werbung kann unter dieser Betrachtungsweise sehr interessant sein.
Eine starke Marke ist wie eine Festung. Es ist nicht einfach sie anzugreifen. Die Mehrzahl der Kunden wird für ein Markenprodukt mehr ausgeben als für eine billige Kopie, sodaß das Unternehmen welches die Marke besitzt quasi die Preise festlegen kann. Das ist auch ein guter Inflationsschutz.
Jetzt zur Ertragskraft:
Wie wir gesehen haben, kann eine starke Marke sehr zur Ertragskraft beitragen, aber wichtig ist natürlich auch die Umsetzung.
Hier ist ein gutes Management gefragt sowie schlanke und effiziente Strukturen. Das schlägt sich dann auf die Zahlen nieder.
Die wichtigste Kennzahl um die Ertragskraft eines Unternehmens zu ermitteln ist die Gesamtkapitalrendite. Sie gibt an viel mit dem vorhandenem Kapital (also aller Anlagen, Maschinen, Fabriken sowie Lagerstand und Cash-Bestand – quasi die Aktiv-Seite der Bilanz) an Gewinn erwirtschaftet werden kann.
Sie errechnet sich so:
EGT geteilt durch Summe aller Aktiva (bzw. =Bilanzsumme) mal einhundert.
Als Ergebnis bekommt man eine Prozentzahl. Das Kapital ist in der Berichtsperiode dann um diesen Prozentsatz gewachsen.
Es ist meiner Ansicht nach DIE Kennzahl um Unternehmen zu vergleichen. Genauso interessiert man sich ja auch für die “Rendite” wenn man andere Anlagen tätigt z.B. beim Kauf einer Vorsorgewohnung.
Ich werde in den weiterführenden Artikeln natürlich noch genauer darauf eingehen.
Nur soviel sei hier noch erwähnt: Ich würde es einen Anfänger unter keinen Umständen empfehlen in ein Unternehmen zu investieren, welches eine sehr geringe (< 5%) oder gar eine negative Gesamtkapitalrendite hat. Also Finger weg von Unternehmen die keine Gewinne machen.
Eine weitere Kennzahl für die Ertragskraft ist die Umsatzrendite.
Sie zeigt an, wie hoch die Spannen (Margen) sind die das Unternehmen verdient.
Sie errechnet sich so:
EGT (Ergebnis vor Steuern) geteilt durch Umsatz mal einhundert
Als Resultat bekommt man ebenfalls eine Prozentzahl.
Die oben genannten Kriterien hängen natürlich zusammen, da ein Unternehmen mit guter Marktstellung die Preise diktieren kann und deshalb wahrscheinlich auch gute Erträge einfahren wird.
Zu guter Letzt müssen wir noch die Wachstumschancen betrachten:
Hier stellen wir folgende Fragen:
Wie war das Wachstum in der Vergangenheit? (Umsatz, EGT, Cashflow und Eigenkapital) – wie wir das heraus finden zeige ich ebenfalls in weiterführenden Artikeln.
Da man aber nicht in die Vergangenheit sondern in die ZUKUNFT investiert ist es besonders wichtig zu beurteilen, wie das Wachstum in Zukunft aussehen könnte.
Gibt es Wettbewerb der härter werden könnte?
Ist der Markt gesättigt?
Gibt es andere Produkte die das Produkt des Unternehmens substituieren (ersetzen) könnten?
Das war z.B. bei den Digitalkameras der Fall, die analoge Fotografie mit Filmrollen etc. komplett verdrängt haben was dadurch zur Pleite von Kodak geführt hat. (Interessantes Detail am Rande: Die Digitalkamera wurde von Kodak erfunden – so kann man sich auch unwissentlich sein eigenes Grab schaufeln 😉
Die Frage muss auch anders herum gestellt werden: Ist das Produkt geeignet andere Produkte zu substituieren und somit neue Wachstumspotentiale zu erschliessen? Das kann sehr große Chancen bringen wie z.B. in Zukunft eventuell konventionelle Autos durch Elektro-Autos ersetzt werden könnten.
Wir haben also gesehen: Es gibt “hard-facts” und “soft-facts” bei der Beurteilung eines Unternehmens. Für die hard-facts benötigen wir einen Blick in die Geschäftsberichte und müssen Kennzahlen ausrechnen. Die Soft-Facts können wir einfach durch Beobachten und Nachdenken ermitteln.
In den nächsten Folgen werde ich unter anderem zeigen:
– Wie findet man die Geschäftsberichte der Unternehmen, bzw. wie findet man einfach und rasch die benötigten Zahlen
– Wie findet man heraus ob ein Unternehmen “teuer” oder “billig” ist.
– Bewertungen an Hand von Beispielen.
Der Leser kann sich bis dahin Gedanken machen ob ihm Unternehmen zu den oben genannten Kriterien einfallen und die soft-facts, für die man noch keine Kennzahlen benötigt, einmal durchgehen.
einige Stammdaten findet man auch auf http://www.finanzen.net/
bzw. hättest du einen besseren Tipp?
Z.B. vermisse ich dort Angaben zum Shiller KGV.
S.g. Herr Gredenberg,
ich habe Ihnen zu diesem Artikel, der auch im BörseExpress erschienen ist, dort ein kurzes feedback verfasst, das ich hier ebenfalls anbringen möchte.
Meines Erachtens ist die Berechnung der Gesamtkapitalrendite falsch. Einerseits teilt man den Ertrag durch die Assets und nicht (wie im Artikel angeführt) umgekehrt und außerdem muss man zum EGT die Fremdkapitalzinsen hinzurechnen. Man will ja ermitteln wie sich der Kapitaleinsatz BEIDER Kapitalgeber (EK und FK) verzinst.
Abgesehen davon halte ich nicht viel von der Verwendung einer UGB-bezogenen Kennzahl (EGT) für kapitalmarktbezogene Unternehmen. Diese legen ihre Zahlen nach IFRS und deshalb finde ich, dass man Termini aus diesem Regime verwenden sollte.
Im Übrigen ist es aus meiner Sicht generell nicht zielführend, das Vorsteuerergebnis für die Berechnung von Rentabilitätskennzahlen zu benutzen. Wenn man sich überlegen möchte, wie rentabel ein Unternehmen ist, so bringt es mE nichts, die Augen vor den nicht unwesentlichen Kosten der Steuer zu verschließen und zu sagen: mein Unternehmen würde mir soundsoviel Zinsen bringen, würde nicht der Staat noch soundsoviel wegnehmen…
Danke für das Feedback. Es ist mir tatsächlich ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen bei der Beschreibung zur Berechnung. Natürlich muss das Ergebnis durch das Kapital geteilt werden und nicht umgekehrt. In den Beispielen ist es allerdings immer korrekt berechnet. Ich habe den Fehler jetzt ausgebessert.
In Zukunft bemühe ich mich, dass ich – natürlich mit Hilfe meiner Leser – die Qualität der Beiträge ständig steigern kann. Flüchtigkeitsfehler können leider immer passieren, deshalb vielen Dank, daß Sie mich darauf aufmerksam gemacht haben.
Zu den anderen Anmerkungen:
Sie haben natürlich auch damit Recht, daß man besser das Netto-Ergebnis als das Ergebnis vor Steuern für die Berechnung her nimmt. Das habe ich bei den weiteren Beispielen dann auch getan.
Wieso ich EGT und nicht EBT geschrieben habe – wie es unter IFRS und GAAP heisst – liegt daran, daß ich dachte jemand, der neu in dieser Welt ist kennt eher “unsere” üblichen Begriffe. Es ist natürlich richtig, daß das EGT nicht 1:1 mit dem EBT zu vergleichen ist. In Zukunft werde ich immer die IFRS/GAAP Begriffe verwenden und versuchen sie zu erläutern.
Ich denke aber, daß es für einen Vergleich zwischen Unternehmen egal ist ob man das Ergebnis vor oder nach Steuern hernimmt, da ja jedes Unternehmen diese Steuer zahlen muss. (Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen den einzelnen Ländern, aber wenn man z.B. mehrere US-Unternehmen miteinander vergleicht ist es egal)
Danke jedenfalls für den Kommentar. Fehler wurde wie gesagt korrigiert.
Ja und auch die Fremdkapitalzinsen gehören dazu gerechnet. Dann wären im Übrigen auch die Gesamtkapitalrenditen in der Betrachtung des österreichischen Marktes, die in einem der Artikel online ist, höher.
Und bevor ichs vergess… natürlich auch jener Anteil der auf die Minderheitsgesellschafter entfällt – wenn man schon die Verzinsung auf die gesamte Bilanzsumme bezieht…