Archiv der Kategorie: Aktien

Euro-Aktien auf Höhenflug – die Realität dahinter

An den Euro-Börsen herrscht Party-Stimmung – aber sind die Gewinne “echt”?

Europas Börsen haben in den letzten Tagen eine beachtliche Rally hingelegt. Der Euro ebenfalls – aber leider nach unten.  So hat der Stoxx europe 600 Index ein neues Allzeit-hoch erreicht und seinen Höchststand von 2007 übertroffen. Gleichzeitig hat der Euro gegenüber dem US-Dollar (1,060) bzw. dem Schweizer Franken (1,037) beinahe neue Tiefststände erreicht.

Wie haben Euro-Aktien heuer im Vergleich zur US-Aktien abgeschnitten?

Auf den ersten Blick hat sich Europa im Jahr 2015 grandios von Amerika abgehoben: Der breite Stoxx Europe 600 Index konnte bisher um sagenhafte 16,52% zulegen, während das amerikanische Pendant, der S&P 500-Index nur einen lächerlichen Gewinn von 2,05% verzeichnen konnte.

Leider wird – gerade beim Vergleich der Aktien-Performance verschiedener Länder – oft mit vielen Maßstäben gemessen. Ich habe das hier schon öfters thematisiert: Man darf nie vergessen, dass unterschiedliche Länder auch unterschiedliche Währungen haben, welche immer als Maßstab für die Entwicklung von Aktienkursen hergenommen werden.

Da die Währungskurse – im Unterschied zu anderen verschiedenen Maßen wie z.B. Fuß und Meter – ebenfalls schwanken muss man sie bei einem fairen Vergleich ebenfalls berücksichtigen.

Der faire Vergleich

EUR/USD S&P 500 S&P 500 in EUR Stoxx Europe 600
seit 1.1.2014 -22,97% 13,69% 47,58% 25,79%
seit 1.1.2015 (YTD) -12,41% 2,06% 16,52% 20,55%

In der Tabelle habe ich die Performance von USA (S&P500) und Europa (Stoxx Europe 600) gegenübergestellt: Den amerikanischen Index habe ich einmal in US-Dollar und einmal in Euro dargestellt um ihn direkt mit dem europäischen Index vergleichen zu können.

Seit Anfang 2014 konnte der Stoxx Europe 600 zwar um fast 26% zulegen, während der S&P 500 nur um 13,7% gestiegen ist. Das schaut nach beinahe doppelt so guter Entwicklung für Europa aus. Der Euro hat leider in der selben Zeit aber um fast 23% gegenüber dem Dollar verloren, was einen Gewinn von 47,58% bei Investition in den S&P 500 bedeutete aber nur 26% beim Stoxx Europe 600 – aus Sicht eines europäischen Investors in Euro.

Aber egal wie man das Blatt dreht und wendet. Auch ein Amerikaner hat mit “seinen” Aktien mehr verdient, da er ja bei Investition in Europa auch den Kursverfall des Euro gegenüber seinem Dollar hinnehmen musste.

 Der Vergleich als Chart

S&P 500 und Stoxx Europe 600 seit Anfang des Jahres
S&P 500 und Stoxx Europe 600 seit Anfang des Jahres

Im Chart das die Entwicklung auch deutlich: Während der S&P 500 in US-Dollar nur dahin dümpelt hat er in Euro ebenfalls eine schöne Rally hingelegt. Dennoch liegt Europa 2015 bisher vorne – aber eben nicht so stark wie beim ersten Anschein.

Die Hintergründe dieser Entwicklung

Aus den steigenden Aktienkursen in Europa lese ich persönlich eine große Unsicherheit der Investoren in Bezug auf die Zukunft des Euro. Es ist eine klassische Flucht in Sachwerte beziehungsweise in Investitionen von denen man sich noch Rendite erwarten kann. Staatsanleihen und andere fix-verzinsliche Investitionen sind in Euro absolut uninteressant geworden. Hier kann man sich meistens nur noch negative Renditen erwarten.
Gleichzeitig versucht die EZB mit aller Macht mehr Geld in Umlauf zu bringen um die Inflation wieder anzuheizen und die Leute dazu zu bringen mehr zu investieren und zu konsumieren. Durch die Rekord-Käufe von Staatsanleihen seit einigen Wochen pumpt die EZB einerseits noch mehr Geld in den Umlauf (das leider vor allem die Staaten bekommen und nicht die Unternehmer) und drückt andererseits die Renditen die man bei Investition in “sichere” Staatsanleihen erhält.

Es ist also nur logisch, dass andere Asset-Klassen wie eben auch Aktien davon profitieren.

Ein weiterer Grund für die Entwicklung ist natürlich, dass an den Börsen immer die Zukunft gehandelt wird. Die Erwartung des Marktes ist also groß, dass die Maßnahmen der EZB wirken und die europäische Wirtschaft schneller wachsen wird als z.B. die in den USA. Diese Erwartungen werden bereits heute in die Aktien eingepreist. Immerhin hätte Europa gegenüber der USA aufhol- Potential wie man im Vergleich der beiden Indices seit 1.1.2014 sieht. Hier liegt die USA noch deutlich vorne.

Vorsicht ist ab dem Moment geboten, wenn tatsächlich eine Erholung einsetzt und die EZB ihre unterstützenden Maßnahmen zurückfährt. Genau das sehen wir gerade in den USA: Die FED denkt bereits über Zinserhöhungen nach und die Aktienkurse leiden darunter.

Wie gesagt: Wichtig ist, an den Börsen wird die Zukunft gehandelt.

Derzeit geht es den USA wirtschaftlich bedeutend besser als Europa. Alleine die Erwartung, dass sich die Lage bei uns ebenfalls verbessern wird treibt die Kurse im Euro-Raum nach oben.

Gibt es bereits eine Übertreibung an den Aktienmärkten?

Vergleicht man die Renditen die man auf Staatsanleihen oder andere festverzinsliche Investments bekommt mit dem Dividendenrenditen oder KGVs von Aktien so sind Aktien derzeit noch immer extrem attraktiv, weil sie wesentlich höhere Erträge versprechen.

Das Problem ist nur, dass es in den letzten Jahrhunderten so gut wie noch nie eine derart lange Phase mit derart niedrigen Zinsen gab. Deshalb spreche ich immer wieder von einer Staatsanleihen-Blase. Steigen die Zinsen wieder auf ein “normales” Niveau, was ich persönlich bei einen Leitzinssatz von etwa 4% sehe, so sind einige Aktien bereits heute zu teuer. Die erwarteten Erträge von Aktien sollten immer höher sein als die von “sichereren” festverzinslichen Investments. KGVs über 20 sehe ich deshalb als problematisch an.
So weit sind wir derzeit zwar noch nicht, aber viel Luft nach oben ist nicht mehr.

Dennoch sind auch aus meiner Sicht derzeit noch Aktien die beste Wahl, auch wenn Vorsicht geboten ist und man genau schauen muß, was man kauft.

 

 

Wikifolio-Check Teil 2 – United Technologies am Prüfstand

United Technologies konnte seit dem es in das Financeblog-wikifolio gekauft wurde fast 40% zulegen und liegt damit auf Platz 2 (nach Apple) der Portfolio-Werte aus dem wikifolio

Deshalb werde ich heute auch dieses Unternehmen einem genauen Check unterziehen und untersuchen ob es mittlerweile vielleicht zu teuer geworden ist.

Bei United Technologies handelt es sich um einen Mischkonzern, der besonders in der Luftfahrt-Industrie tätig ist. So gehört der Triebwerks-Produzent Pratt & Whitney zum Konzern, genauso wie der Helikopter-Hersteller Sikorsky. Aber auch das Klimatechnik-Unternehmen Carrier und der Marktführer im Aufzugsbau Otis gehört zum United Technologies Konzern.

In diesem Artikel habe ich die Entscheidung getroffen die Aktie von United Technologies ins wikifolio aufzunehmen.

Heute werde ich das Unternehmen mit seiner engeren Peer-Group vergleichen – also mit anderen Unternehmen aus dem Bereich der Luftfahrt-Industrie sowie mit Konzernen die im Bereich Technik tätig sind.

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Dollar vs. Euro – Der Abwertungswettkampf geht weiter

War der heutige Tag ein Wendepunkt für den Dollar?

Heute war ein wichtiger Tag für den US-Dollar. Bereits längerer Zeit wartet der Markt gespannt auf die für heute angekündigten Aussagen der FED bezüglich zukünftiger Zinspolitik.

Es wurde  erwartet, dass die FED heute – zumindest indirekt – eine Zinserhöhung im Laufe des heurigen Jahres ankündigen würde.

Eine Zinserhöhung im heurigen Jahr schließt die FED zwar nach wie vor nicht aus, allerdings wies man darauf hin, dass die Zinsen nur recht langsam erhöht werden, wenn man es soweit ist (möglicherweise ab Juni). Einen ausführlichen Artikel in Englisch über dieser Thema findet man hier auf Bloomberg.

Die FED stellte weiters fest, dass sie derzeit nur ein moderates Wirtschaftswachstum in den USA sieht.

Welche Ziele die FED mit den Aussagen verfolgen könnte untersuche ich im heutigen Artikel.

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Apple unter der Lupe – ist die Aktie trotz Anstieg noch ein Kauf

apple-logoApple ist die Aktie im Financeblog-wikifolio welche bisher die höchsten Gewinne erzielen konnte. Seit Kauf in das wikifolio ist die Aktie (in EUR gerechnet) um sagenhafte 48,26% gestiegen.

Es ist also an der Zeit zu untersuchen, ob die Aktie mittlerweile zu teuer ist bzw. ob sich die Vorraussetzungen seit dem Kauf geändert haben und man eventuell Gewinne realisieren sollte.

Deshalb stelle ich heute Apple noch einmal auf den Prüfstand und vergleiche das Unternehmen mit seinen Mitbewerbern. Außerdem untersuche ich die Bewertung im Vergleich zur historischen Bewertung.

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Zinserhöhung in den USA ante portas – Auswirkungen rechtzeitig erkennen.

Im letzten Beitrag habe ich die Angst der Märkte in den USA angesprochen, dass die Zinsen dort bald steigen könnten weil die FED den Leitzinssatz eventuell noch in diesem Jahr anheben wird.
So bereitete besonders der letzte Freitag den US-Börsen Verluste weil “zu gute” Wirtschaftsdaten publiziert wurden und die Angst vor einer baldigen Zinserhöhung in die Märkte eingepreist wurde.

Heute möchte ich untersuchen, welche Unternehmen von einer derartigen Zinserhöhung betroffen sind und wie man das am einfachsten analysieren und erkennen kann.

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Euro auf Sturzflug – Euro-Aktien dafür auf neuen Hochs

Der Euro setzt seine Talfahrt mit immer stärkerer Beschleunigung fort. Heute wurde zum USD erstmals seit 2003 die 1,10er Marke nach unten durchbrochen.
Als Grund dafür werden die ab nächsten Montag einsetzenden Anleihenkäufe der EZB genannt. Es sollen immerhin Staatsanleihen um über eine Billion Euro gekauft werden und dafür natürlich neues Geld geschaffen (“gedruckt”) werden.

Wie ein gigantischer Wasserfall ergießt sich das neu geschaffene Geld (1,1 Billionen Euro) der EZB über Euroopa
Wie ein gigantischer Wasserfall ergießt sich das neu geschaffene Geld (1,1 Billionen Euro) der EZB über Euroopa

Die Auswirkungen alleine der Ankündigung dieser Rückkäufe habe ich bereits im letzten Artikel zur Staatsanleihen-Blase behandelt. Nun fangen auch die europäischen Aktien an diesen Höhenflug mitzumachen. Der DAX z.B. schloss die Woche mit über 11.500 Punkten ab, auf einem neuen Allzeithoch.

Währenddessen verlieren US-Aktien langsam an Fahrt – der S&P 500 Index verlor heute z.B. fast 2% an einem Tag.

Aber wie schaut es tatsächlich aus? Muss man jetzt sein ganzes Geld aus den USA abziehen und in Europa investieren?

Ich werde heute eine objektive Betrachtung dieser Situation bringen und versuchen die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.

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China – ein interessantes Land zum Investieren?

China – ein Land mit Zukunft?

(Kurze Anmerkung: Die ursprüngliche Version dieses Artikels enthielt einen Fehler bei der Bewertung der Firmen – das KGV von Baidu wurde inkorrekt ermittelt. Ich habe den Fehler nun korrigiert)

China - ein Land mit Zukunft?
China – ein Land mit Zukunft?

Das Reich der Mitte wird ja von vielen Wirtschaftsexperten als Gewinner der globalen Entwicklung der Zukunft gesehen: Es hat eine sehr gute Handesbilanz  – also viele Exporte und wenig Importe. Ausserdem hat eine sehr geringe Staatsverschuldung. Gleichzeitig ist China einer der grössten Gläubiger der USA. (Nur die FED – also die Zentralbank der USA hält mehr amerikanische Staatsanleihen als China).

Auf den ersten Blick ist China also ein Land mit durchaus stabilen Export- und Finanzdaten.

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Droht der Crash?

Aktien sind derzeit beliebt wie schon lange nicht mehr. Diverse Indices erklimmen täglich neue Allzeit-Hochs. Droht eine neue Aktien-Blase oder ein Crash?
So befinden sich heute sowohl DAX als auch S&P 500 auf einem neuen Hoch. Der DAX hatte erst letzte Woche erstmals die 11.000 Punkte Markte geknackt und notiert mittlerweile sogar auf 11.205,74 Punkten. Alleine heuer legte er bisher um sagenhafte 14,28% zu – dabei ist noch nicht einmal der Februar zu Ende. Das Jahr ist noch recht lange.
Einziger Wermutstropfen (beim DAX) ist natürlich, dass auch der Euro heuer extrem gegenüber anderen Währungen verloren hat, sodass sich der Gewinn international gesehen etwas relativiert.

Um herauszufinden, wie teuer Aktien heute generell sind, und wie teuer sie jeweils vor einem Crash waren, habe ich heute eine historische Analyse des S&P 500 – Indices vorgenommen, da über díesen Index die besten historischen Daten vorliegen und die Märkte weltweit sowieso mehr oder weniger korrelieren – was bedeutet: Crasht es in Amerika, crasht es meistens auf der ganzen restlichen Welt.

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Derivate für Anfänger – Teil 2 – Bewertung von Optionen

Im ersten Teil der Derivate-Serie habe ich die Funktionsweise von Optionen erklärt.

Heute gehe ich einen Schritt weiter und möchte erklären, wie man Optionen bewertet.
Ich werde außerdem aufzeigen, dass das eigentlich unmöglich ist und welche fatale Folgen diese Tatsache in der Vergangenheit schon hatte.
Soviel vorweg: Dieses Thema ist recht komplex, und deshalb ist das bisher der längste Artikel im Financeblog. Ich hoffe es gibt dennoch einige interessierte Leser die ihn bis zum Ende lesen.

Es geht los:

Die Bewertung einer Option am Fälligkeitstag haben wir ja bereits im letzten Teil gelernt – und die ist relativ einfach.

Noch einmal zur Wiederholung am Beispiel einer Call-Option: Wir erinnern uns: Eine Call-Option (auch Kauf-Option genannt) auf eine bestimmte Aktie (Underlying) berechtigt an einem festgelegtenZeitpunkt (dem Fälligkeitstag) zum Kauf dieser Aktie zu einem festgelegten Preis (auch “Strike” genannt).
Der Wert der Call Option am Fälligkeitstag ist also einfach zu berechnen : Kurs des Underlyings am Fälligkeitstag minus Strike-Preis

Ein Beispiel: Eine Call-Option auf die Aktie X (=Underlying) hat den Strike 100 und die Fälligkeit am 20. Februar 2015.
Sollte die Aktie X am 20. Februar 120 kosten, so ist die Call-Option 20 wert, da man bei Ausübung der Option die Aktie für 100 kaufen und sofort danach für 120 verkaufen könnte.

Wie stellt man den Wert einer Option vor dem Fälligkeitstag fest?

Das ist eine sehr komplexe Frage für deren (vermeintliche) Lösung sogar ein Nobelpreis verliehen wurde: Robert Merton und Myron S. Scholes erhielten 1997 den Wirtschaftsnobelpreis für die Entwicklung des Black & Scholes Modells zur Berechnung von Optionswerten.

Weshalb diese Black & Scholes Formel so komplex ist, und wieso sie dennoch an den realen Finanzmärkten schon oft kläglich versagte möchte ich jetzt zeigen:

Was beeinflusst den Wert einer Option vor dem Verfallsdatum?

Folgende wichtigen Feststellungen müssen wir hierfür treffen:

1) Wenn die Option “im Geld” ist, also der Ausübungspreis (Strike) unterhalb des aktuellen Kurses des Underlyings liegt, so ist die Option MINDESTENS so viel wert wie die Differenz zwischen Kurs des Underlyings und Ausübungspreis.
Die Erklärung dafür, warum das so ist ist recht einfach: Am Fälligkeitstag – wie wir ja eben gesehen haben – ist der Wert der Call-Option genau die Differenz zwischen Kurs des Underlyings und Ausübungspreis (Strike) . Notiert das Underlying bereits vor dem Fälligkeitstag über dem Strike so besteht ja die Chance, dass das Underlying noch weiter steigt und der Optionswert ebenfalls.
Nun kann natürlich das Argument gebracht werden, dass das Underlying ja auch wieder unter den Strike der Option fallen könnte bevor die Option fällig wird. Dagegen kann man sich aber problemlos absichern, indem man das Underlying einfach (Leer)verkauft Am Fälligkeitstag kann man es ja auf jedenfall zum Strike-Preis wieder kaufen und hat die Differenz zum Strike verdient.
Beispiel: Eine Option auf eine Aktie hat den Strike 100 und eine Restlaufzeit von 1 Monat. Die Aktie steht am Bewertungsstichtag – also 1 Monat vor Fälligkeit der Option – auf 120. Man kann diese Aktie also um 120 verkaufen (das geht auch ohne sie zu besitzen, indem man sie sich ausborgt und einfach 1 Monat später zurückgibt  – so etwas nennt man Leerverkauf. Über die meisten Online-Broker geht das sehr einfach)
Sollte die Aktie bis zum Fälligkeitstag unter 100 fallen, so verfällt zwar die Option wertlos, aber man kann die Aktie dann billiger zurückkaufen und zurückgeben. Man hat also einen Gewinn von mindestens 20 gemacht.
Sollte die Aktie aber weiter steigen, so übt man am Verfallstag einfach die Option aus, kauft die Aktie für 100 und gibt sie zurück. Da man sie für 120 verkauft hat, hat man einen Gewinn von 20 gemacht – genau die Differenz zwischen Ausübungspreis und Aktienkurs zum Zeitpunkt des Bewertungsstichtages.
Es ist also sinnlos eine Option (auch wenn das bei amerikanischen Optionen erlaubt ist) vorzeitig auszuüben.

2) Der Wert einer Option ist umso höher, je höher die erwarteten Kursschwankungen des Underlyings in der Restlaufzeit sind – dieser Fakt ist der wichtigste bei der Bewertung von Optionen.
Auch diese Tatsache ist recht einfach zu erklären: Schwankt der Kurs des Underlyings stärker so ist die zukünftige Kursentwicklung unklarer und die Gewinnchancen am Fälligkeitstag steigen.

Bzw. anders ausgedrückt: Hätte man statt der Option das Underlying im Portfolio, so wäre man dem kompletten Risiko der Kursschwankungen ausgesetzt – man könnte zwar eventuell viel gewinnen, aber auch sehr viel verlieren. Da eine Option wesentlich weniger Kapital bindet als der Besitz des Underlyings, aber die gleichen Chancen bei der richtigen Kursentwicklung bietet wie eben der Besitz dieses Underlyings (bei einer Call-Option im Falle von steigenden Kursen) muss sich diese Tatsache ebenfalls in der Bewertung der Option widerspiegeln.

Auch hier ein Beispiel zum Verständnis:
Wieder haben wir eine Call-Option auf eine Aktie X mit Strike 100 und Restlaufzeit in diesem Beispiel von einem Jahr. Außerdem haben wir noch eine weitere Call-Option auf Aktie Y, ebenfalls mit Strike 100 und mit der selben Restlaufzeit ebenfalls von einem Jahr.
Aktie X hat eine erwartete Schwankungsbandbreite (Volatilität) von 50% im Jahr. Aktie Y hingegen hat nur eine erwartete Volatilität von 15% im Jahr.  Beide Aktien notieren derzeit (am Bewertungsstichtag der Option) bei etwa 100. Beide Optionen sind also gerade am Geld “at-the-money”.
Der Markt erwartet aber im ersten Fall bei Aktie X Schwankungen im nächsten Jahr von 50%, d.h. die Aktie könnte am Verfallstag entweder bei 150 oder bei 66,67 stehen, oder irgendwo dazwischen.
Bei Aktie Y erwartet der Markt nur Schwankungen von 15%, die Aktie könnte also am Verfallstag bei 115 oder bei 86,96 stehen oder irgendwo dazwischen.
Im besten Fall könnte man also bei der ersten Option am Verfallstag einen Wert von 50 realisieren, bei der zweiten Option nur einen Wert von 15. Der Einfluss der Volatilität auf den Wert einer Option ist also sehr hoch.

3) Der Wert einer Option enthält alle Finanzierungskosten bis zum Strike-Preis für das Underlying bis zur Fälligkeit.

Diese Aussage ist am schwierigsten zu verstehen bzw. zu erklären:
Ich fange deshalb hier mit einem Beispiel an:
Aktie X steht derzeit bei 120. Eine Call-Option auf Aktie X mit dem Strike 100 und Laufzeit von einem Jahr kostet also – wie wir gesehen haben – mindestens 20.

Wenn man nun eine Aktie kaufen möchte, muss man 120 investieren. Für den Kauf der Option nur etwas über 20. Kauft man also die Option so muss man also deutlich weniger Kapital aufbringen als der Aktien-Käufer, nimmt aber genauso an Kursgewinnen teil wie ein Besitzer der Aktie.
Der Aktienbesitzer musste sich aber entweder die 120 die er für die Aktie bezahlt hat ausborgen und dafür Zinsen zahlen, oder er hat das Geld am Konto und verzichtet beim Aktienkauf auf Zinsen die er bekäme, hätte die Aktie nicht gekauft sondern das Geld einfach liegen lassen (das nennt man Opportunitätskosten) .

In unserem Beispiel sieht man, dass der Optionskäufer um fast 100 weniger an Kapital aufbringen musste als der Aktienkäufer. Und, da er diese 100 quasi “sparen” kann – also Zinsen dafür einnehmen kann – muss er diese Zinsen auch mit dem Optionspreis bezahlen.
Auf der anderen Seite kann es sein, dass ein Unternehmen noch vor Fälligkeit der Option Dividenden ausschüttet, die höher sind als die Zinsen die für die Finanzierung des Aktienkaufs zu zahlen wären. Diese Dividenden bekommt natürlich ein Optionsbesitzer nicht, da er die Aktie ja erst am Fälligkeitstag erwerben kann, und erst ab dann Anrecht auf Dividendenzahlungen hat.
Deshalb werden erwartete Dividendenzahlungen von dem Wert der Option wieder abgezogen.

Die Finanzierungskosten setzten sich also wie folgt zusammen:
Zinsen für das aufgebrachte Kapital (bis zum Strike) abzüglich der erwarteten Dividenden.
Diese Finanzierungskosten sind immer Teil des Optionspreises (der Optionsprämie)

Nun haben wir also 3 Faktoren ausgemacht, die den Preis einer Option vor Fälligkeit bestimmen:

1) Abstand zum Strike
2) Die Höhe der erwarteten Kursschwankungen (die sogenannte implizite Volatilität)

3) Die Finanzierungskosten

Die Faktoren 1) und 3) sind relativ leicht zu bestimmen und lassen auch nicht viel Betrachtungsspielraum zu. Einzig bei den Zinsen und den erwarteten Dividenden kann es eventuell Ungewissheiten geben, aber die sind bei weitem nicht so groß wie der Hauptfaktor, der die Optionsprämie am meisten beeinflusst: Die implizite Volatilität.

Und genau hier kommt die Nobelpreis-Formel ins Spiel:

Die berühmte Black&Scholes Formel zur Optionsbewertung vergleicht die Kapitalmärkte mit den Zufallsprozessen der brownschen Bewegung.  Diese brownsche Bewegung ist eine  zufällige Bewegung von Teilchen die in Flüssigkeiten oder  Gasen  bedingt durch Abstoßungsreaktionen auf andere Teilchen beobachtet werden können.
Eine Grund-Voraussetzung für die Richtigkeit dieser Formel ist die Annahme, dass Kursschwankungen der Finanzmärkte sich völlig zufällig und normalverteilt bewegen.
Normalverteilt bedeutet, dass die einzelnen Kursschwankungen einer Gaußschen Glockenkurve entsprechen. D.h. betrachtet man z.B. ein Jahr mit etwa 260 Handelstagen so wird an den meisten Tagen die Schwankung eher geringer ausfallen. An einigen wenigen Tagen gibt es stärkere Schwankungen.

Kurzer Exkurs: Normalverteilung und Volatilität:

Der Normalverteilung begegnet man beispielsweise, wenn man eine Gruppe von Menschen auf ihre Größe untersucht. Die meisten werden eine Durchschnittsgrösse haben bzw. etwa größer oder etwas kleiner als der Durchschnitt sein.  Eine wenige werden extrem klein sein und ebenfalls wenige werden extrem groß.  Trägt man die Größen dieser Menschen auf einer Skala auf, wo die X-Achse für die Größe steht und die Y-Achse für die Anzahl der Menschen mit dieser Größe, so erhält man eine Glockenkurve die der Normalverteilung entspricht.
Die Größe der meisten Menschen weicht also nicht sehr stark vom Durchschnitt ab. Je größer die Abweichung vom Durchschnitt, umso weniger Menschen mit ensprechender Größe gibt es. Ganz wenige werden zu Riesen oder bleiben Zwerge – sie sind am Rand der Glockenkurve zu finden.

Die Durchschnittsgröße der Menschen entspricht dem sogenannten Erwartungswert.
Nun haben aber natürlich nicht alle Menschen Durchschnittsgröße. Die meisten sind ein wenig größer oder ein wenig kleiner als der Durchschnitt. Einige wenige sind aber extrem groß (“Riesen”) oder sehr klein (“Zwerge”. Hierbei handelt es sich um sogenannte “Ausreißer”
Rechnet man den durchschnittlichen Abstand der Größen aller untersuchter Menschen zum Erwartungswert aus (also inkl. der Ausreißer) so bekommt man die Standardabweichung.
Die durchschnittliche Abweichung vom Erwartungswert nennt man also Standardabweichung. Untersucht man z.B. 200 Menschen auf Ihre Größe und ermittelt als Durchschnittsgröße dieser Menschen 165cm so sind diese 165cm der Erwartungswert. Der durchschnittliche Abstand zum Erwartungswert ist dann die Standardabweichung. Nehmen wir eine Standardabweichung von 20cm in diesem Beispiel, würde das bedeuten, dass die 200 Menschen im Durchschnitt zwischen 145cm und 185cm gross sind. 68,27% der untersuchten Menschen werden sich in diesem Beispiel innerhalb der Bandbreite +/- 1 Standardabweichung befinden.

Die Gaußsche Glockenkurve
Die Gaußsche Glockenkurve

 

In der Grafik habe ich die Kurve der sogenannten “Standard-Normalverteilung” gezeichnet (mittels dem mit MacOS X mitgelieferten Programm “Grapher” – übrigens ein Juwel für jeden Mathematik-Nerd 😉 )
Bei der Standard-Normalverteilung entspricht der Erwartungswert 0 und die Standardabweichung 1.
Ich habe grau den Bereich zwischen einer Standardabweichung hervorgehoben. Für Mathematik-Nerds: Ich habe die Kurve im Bereich -1 bis 1 integriert, also die Fläche darunter ausgerechnet und hervorgehoben.
Die Fläche unter der gesamten Kurve beträgt natürlich 1, da alle möglichen Ereignisse (in unserem Beispiel Körpergrössen) unter dieser Kurve abgebildet sind. Die Fläche zwischen -1 und 1, also innerhalb einer Standardabweichung (auch 1 Sigma genannt), entspricht 0,6827 – d.h. dass eben 68,27% aller Ereignisse (Körpergrößen in unserem Fall) innerhalb von einer Standardabweichung liegen.
Erweitert man die Betrachtung auf 2 Standardabweichungen (2 Sigma) so sind bereits 95,45% aller Ereignisse innerhalb der Kurve.
Nur noch jedes ca. 22te Ereignis wäre außerhalb. In unserem Fall würde das bedeuten, dass nur jeder 22te entweder 165cm + 2 x 20cm = 205 cm gross oder 165cm – 2 x 20cm = 125cm klein wäre. Woran man sieht, dass die Standardabweichung bei Körpergrössen wahrscheinlich kleiner als 20cm ist, da weniger als jeder 20te über 2 Meter groß ist 😉

Bei 3 Sigma sind es schon 99,73% die sich innerhalb des Bereiches befinden und nur noch jedes 370te Ereignis ist außerhalb.

Bei 4 Sigma sind es 99,993% und jedes 15.787te Ereignis ist außerhalb

Bei 5 Sigma sind es 99,99994% innerhalb und jedes 1.74 Millionste Ereignis ist außerhalb.

Bei 6 Sigma sind es 99,9999998% innerhalb und nur noch jedes 506,8 Millionste Ereignis ist außerhalb.

Man spricht deshalb öfters bei vollkommen unmöglichen Ereignissen an den Märkten die plötzlich dennoch auftraten von “Sigma-6-Events”.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Event eintritt liegt bei 1 : 507.797.346 . Geht man von etwa 260 Handelstagen im Jahr aus, würde also nur etwa alle  1,9 Millionen Jahre ein derartiger Event eintreten.
Das ist bereits ein erster Hinweis dafür, dass die Normalverteilung nicht einfach auf Finanzmärkte angewandt werden kann.

Normalverteilung auf den Finanzmärkten:

Um zu verdeutlichen wie man sich die Normalverteilung von Renditen (=Kursausschläge) an Finazmärkten erklärt bringe ich nun Beispiele:

Zuerst schauen wir uns die Entwicklung einer Aktie mit geringer Volatilität an: Procter und Gamble hatte im letzten Jahr eine Volatilität von etwa 13%.

Wir betrachten jeden einzelnen Handelstag im letzten Jahr und schauen wie viel die Aktie sich an diesem jeweiligen einen Tag bewegt hat. Diese Bewegungen fassen wir in Abständen von 0,4% zusammen und zählen sie ab.
So hat sich die P&G-Aktie im letzten Jahr am häufigsten zwischen -0,4% und 0% pro Tag bewegt (66 mal) und ebenso oft zwischen 0% un 0,4%. Bewegungen zwischen -3,6% und -3,2% gab es nur ein einziges Mal.

Kursentwicklung Anzahl Tage
-4,00% 0,00
-3,60% 1,00
-3,20% 0,00
-2,80% 0,00
-2,40% 0,00
-2,00% 5,00
-1,60% 9,00
-1,20% 18,00
-0,80% 37,00
-0,40% 66,00
0,00% 66,00
0,40% 35,00
0,80% 27,00
1,20% 10,00
1,60% 3,00
2,00% 3,00
2,40% 0,00
2,80% 1,00
3,20% 0,00
3,60% 0,00
4,00% 0,00
4,40% 0,00

Grafisch schaut die Tabelle dann so aus:

Die Verteilung der Kursschwankungen bei Procter und Gamble im letzten Jahr
Die Verteilung der Kursschwankungen bei Procter und Gamble im letzten Jahr

Wir sehen deutlich eine Häufung in der Mitte die nach links und rechts jeweils nachlässt. Es besteht also eine gewisse Ähnlichkeit mit der Gaußschen Glockenkurve die die Häufigkeit bei einer Normalverteilung beschreibt.
Den Wert, der am aller häufigsten vorkommt – und gleichzeitig auch der Durchschnitt aller Werte – ist der Erwartungswert. In diesem Fall ist das 0,04%. Bei der Normalverteilung streuen sich alle anderen Ereignisse symetrisch um diesen Erwartungswert. Ihre Häufigkeit nimmt mit der Entfernung zum Erwartungswert stetig ab.
Die durchschnittliche Entfernung zum Erwartungswert ist die  Standardabweichung. In diesem Beispiel ist die Standardabweichung 0,78%, das bedeutet, dass die durchschnittliche tägliche Kursschwankung bei P&G im letzten Jahr 0,78% um den Erwartungswert von 0,04% war – also zwischen -0,74% (= -0,78 + 0,04) und 0,82% (= 0,78 + 0,04).
Die Standardabweichung ist im Prinzip das was wir in den Finanzmärkten Volatilität nennen. Für die Berechnung Volatilität wird einfach die Standardabweichung der Kursschwankungen der einzelnen Tage annualisiert, d.h. aufs Jahr hochgerechnet. Das geht indem man die Standardabweichung mit der Wurzel aus der Anzahl der Handelstage multipliziert. In diesem Fall erhält man 13,03%. Hierbei handelt es sich um die sogenannte historische Volatilität, da ja die Vergangenheit untersucht wird.

Wir können aufgrund der Regeln die wir oben bereits bei der Normalverteilung gesehen haben also – theoretisch – folgende Schlüsse ziehen:
– In 68,37% der Fälle sollte sich der Kurs zwischen -0,74% und 0,82% (= eine Standardabweichung Abstand vom Erwartungswert bzw. 1 Sigma) bewegt haben

– In 99,994% der Fällen sollte sich der Kurs zwischen -3,08% und 3,16% an einem Tag bewegt haben. Also nur einmal in etwa 15.800 Tagen sollte seine Bewegung außerhalb dieser Bandbreite liegen. Das wäre etwa alle 61 Jahre einmal an einem Tag der Fall.

Dennoch sehen wir, dass es einen Tag gibt, wo der Kurs zwischen 4% und 3,6% verloren hat, also mehr als 3,08%.

An diesem Beispiel ist zu erkennen, dass die Kursschwankungen an den Finanzmärkten nicht hinreichend durch die Normalverteilung erklärbar sind.

Es gab im letzten Jahr sogar (mindestens) eine Aktie die es geschafft hat mehr als ein “Sigma-6-Ereignis” zu erreichen, also etwas, das seltener als einmal in 1,9 Millionen Jahren passieren dürfte:

Im nächsten Bild habe ich die täglichen Kursschwankungen der Aktie “First Solar” als Diagramm dargestellt.

Die Verteilung der Kursschwankungen von First Solar im letzten Jahr
Die Verteilung der Kursschwankungen von First Solar im letzten Jahr

Auf den ersten Blick schaut das auch ein wenig nach Glockenkurve und Normalverteilung aus. Der Erwartungswert liegt hier bei -0,01%, Die Standardabweichung bei 2,99% (also bereits wesentlich höher als bei Procter and Gamble) und die annualisierte Volatilität beträgt 50,07%.
Aber eine Auffälligkeit gibt es: An einem Tag stieg die Aktie um  20,5%. Das entspricht einen Abstand von sagenhaften 6,88 Standardabweichungen. Die Wahrscheinlichkeit, daß das eintritt liegt bei etwa 1 zu 100 Milliarden. Es sollte also nur etwa alle 384 Millionen Jahre passieren. Also jedenfalls nicht ein einziges Mal seit Menschengedenken. Vor 384 Millionen Jahren bevölkerten noch Einzeller die Erde.

Zurück zur Black & Scholes Formel:

Der wichtigste Kniff bei der Black & Scholes Formel war es eben diese Normalverteilung auf die Finanzmärkte anzuwenden.
Die Annahme war, dass sich die Kursschwankungen an den Börsen zufällig und nach den Regeln der Normalverteilung verhalten.
Diese Formal hat es – vermeintlich – geschafft diese ungewissen Schwankungen des Marktes auf eine Formel zu reduzieren.

Ich verzichte hier darauf, die Formel zu veröffentlichen, da eine genaue Herleitung sowieso den Rahmen des Artikels sprengen würde. Wer sich interessiert kann hier auf wikipedia nachlesen.

Welche Probleme sich daraus ergeben können, habe ich bereits in obigen Beispielen gezeigt. Was die Formel aber für Folgen hatte kann man hier weiterlesen:

Welche Folgen hatte die Black&Scholes Formel auf die Finanzmärkte:

Das blinde Vertrauen auf diese Formel kann verheerende Wirkungen haben. Das beste Beispiel dafür ist der große Hedgefonds den die beiden Nobelpreisträger für die Black & Scholes Formel gemeinsam mit John Meriwether im Jahre 1994 gegründet hatten: Long Term Capital Management – kurz: LTCM.

Bei den Anlagestrategien dieses Fonds wurde die neue Formel oft angewandt. Auf der einen Seite wurden Optionen die aufgrund dieser Formel zu teuer erschienen einfach verkauft, auf der anderen Seite wurden Volatilitätserwartungen bei bestimmten Märkten aufgrund dieser Formel berechnet und entsprechende Risiken eingegangen.  Vier Jahre lange konnte LTCM sehr gute Renditen erzielen, zeitweise sogar über 30% im Jahr.
Der Fonds LTCM hielt im Jahr 1998 über 1,25 Billionen (das sind 1250 Milliarden) US-Dollar an Assets, dabei waren auch viele Derivate und Optionen. Das Eigenkapital betrug zu diesem Zeitpunkt nur 2,1 Milliarden USD, was einem Hebel von fast 600 entspricht bzw. einer Eigenkapitalquote von nur 0,17%.
Dann spielten die Märkte  – aus Sicht von LTCM – verrückt. Es gab plötzlich Kursausschläge die mathematisch – nach eben dieser Black & Scholes Formel –  nur einmal in Milliarden von Jahren passieren hätten dürfen. Also quasi seitdem das Universum existiert, hätten solche Kurssausschläge nie stattfinden dürfen.
Doch daran hielten sich die Finanzmärkte nicht: Asienkrise, Russlandkrise etc. bescherten den Märkten im Jahr 1998 eben genau diese Volatilität mit der mathematisch nicht gerechnet werden konnte, und so musste der Fonds LTCM von der amerikanischen Zentralbank FED und 11 weiteren großen Investmentbanken gerettet werden um noch stärkere Verwerfungen an den Finanzmärkten zu verhindern. Die FED musste dafür sogar den Leitzinssatz senken.
Details kann man auch hier unter wikipedia nachlesen.

Welche Vorteile kann man aus der Black & Scholes Formel ziehen?

Der wahre Wert einer Option bleibt also weiter im Dunkeln bzw. dem Gefühl und der Risikobereitschaft des Optionshändlers überlassen. Die Märkte agieren meiner Ansicht nach sicher NICHT nach Regeln die der gaußschen Normalverteilung entsprechen.

Man kann diese Formel aber dafür benutzen um die sogenannte implizite Volatilität einer Option auszurechnen, also die Erwartungen des Marktes was die Kursschwankungen angeht. Dadurch bekommt man ein Gefühl dafür, ob eine Option teuer oder billig ist.  Es gibt mittlerweile sogar einige wichtige Indices, die diese erwartete – implizite – Volatilität von Optionen messen. Der wichtigste davon ist der amerkanische VIX-Index, welcher die implizite Volatilität von Optionen auf den S&P 500 Index misst. Ich habe ihn im Financeblog schon öfters erwähnt. Das Ausrechnen dieser impliziten Volatilität geht mittels der Black & Scholes Formel.

Man muss diese Formel auch nicht selbst händisch anwenden, wenn man mit Optionen handeln möchte, da die Handelssysteme das schon automatisch erledigen. Man braucht die Formel also nicht zu kennen, man sollte nur wissen welche Voraussetzungen sie annimmt, wie sie in etwa funktioniert, und dass es sehr gefährlich sein kann, sich blind auf sie zu verlassen.

 

DAX heute erstmals über 11.000 – Dennoch kaufen?

Der deutsche Aktienindex DAX stieg heute – nach Bekanntgabe von Wirtschaftsdaten die belegten, dass die deutsche Wirtschaft im letzten Quartal doppelt so stark wuchs wie erwartet – erstmals auf über 11.000 Punkte.

Über den DAX

Der DAX, das steht für “deutscher Aktienindex” wurde Anfang 1988 (genauer gesagt am 31.12.1987) mit einem Basiswert von 1000 ins Leben gerufen. Er enthält die 30 größten deutschen Unternehmen in Bezug auf Börseumsatz (Anzahl der gehandelten Aktien) und Marktkapitalisierung des Freefloats (also der gesamte Wert der öffentlich gehandelten Aktien).
Im Gegensatz zu dem meisten anderen Aktienindices ist der DAX ein Performanceindex.  Er berücksichtigt auch Dividendenzahlungen. Diese werden in Aktien des jeweiligen Unternehmens wieder investiert.
Die meisten anderen Indices (wie z.B. alle anderen im folgenden Vergleich) sind Preisindices. Sie stellen nur die Preisentwicklung der enthaltenen Aktien dar und lassen Dividenden einfach unter den Tisch fallen – eigentlich keine “ehrliche” Methode, die die Entwicklung des Marktes nicht wirklich genau widerspiegelt. Denn wenn man alle im Index enthaltenen Aktien kaufen würde, hätte man natürlich auch Anrecht auf Dividendenzahlungen.
So gesehen ist der DAX in seiner Konzeption den meisten anderen Indices meiner Meinung nach voraus.  Auf der anderen Seite stellen Preisindices natürlich nicht die gesamte Performance der Unternehmen dar, sodass der DAX insgesamt erwartungsgemäß bei gleichen Voraussetzungen sowieso einen anderen Index, der Dividenden ignoriert schlagen muss.

Wie teuer sind DAX-Aktien am Allzeithoch?

Läuft der deutsche Aktienmarkt gerade in eine Blase? Fast 12% Zuwachs konnte der DAX heuer bisher verbuchen – nach weniger als 7 Wochen im neuen Jahr.  Ist er deshalb aus dem Ruder gelaufen und mittlerweile überbewertet?
Ein wichtiger Faktor, den man nicht vergessen darf, ist die Entwicklung des Euro: Er hat gegenüber dem USD z.B. heuer bereits mehr als 7% verloren. Aber nicht nur gegenüber dem US-Dollar hat der Euro heuer stark verloren, auch gegenüber den meisten anderen wichtigen Währungen wie schweizer Franken, Pfund, Yen und Chinesischem Yuan.  Das relativiert natürlich den Anstieg des DAX.
Natürlich sind europäische Aktien durch die Euroschwäche für Investoren aus aller Welt interessant geworden.
Außerdem ist Deutschland bekannt dafür, Exportkaiser zu sein – gerade deutsche Unternehmen profitieren deshalb sehr von der Euro-Schwäche.
Insgesamt ist an der Entwicklung (Abwertung des Euro -> Anstieg der Aktienkurse) deutlich zu sehen, dass Aktien Sachwerte sind. Wenn das Geld an Wert verliert, werden Sachwerte automatisch teurer.

Der Vergleich mit anderen Indices: 

Index Land KGV KBV Div. Rendite
DAX Deutschland 18,78 1,84 2,49%
ATX Österreich negativ 1,00 2,54%
CAC 40 Frankreich 30,40 1,58 2,97%
AEX Niederlande 22,68 1,80 2,66%
BEL 20 Belgien 34,91 1,56 3,11%
FTSE Italy Italien 45,83 1,11 2,73%
MADX Spanien 21,46 1,44 5,79%
FTSE Grossbritannien 21,67 1,95 4,48%
Stoxx Europe 600 Europa 23,59 1,98 3,46%
S&P 500 USA 18,45 2,86 1,95%
Durchschnitt 26,42 1,71 3,22%

In dieser Tabelle habe ich einige wichtige Aktienindices aus dem Euroraum, sowie den Stoxx Europe 600, welcher 600 europäische Unternehmen enthält, den FTSE als Index der Londoner Börse sowie den S&P 500 miteinander vergleichen.
Das Augenmerk liegt auf den bekanntesten Bewertungskennzahlen: KGV, KBV und Dividendenrendite.
Der DAX ist beim KGV günstiger als der Durchschnitt, beim KBV leicht teurer als das Mittelfeld und bei der Dividendenrendite ist er unattraktiver als der Durchschnitt der verglichenen Indices.
Es deutet aber nichts auf eine massive Überbewertung hin – es sei denn alle Indices sind überbewertet.
Um das zu untersuchen habe ich das durchschnittliche KGV des DAX der letzten 10 Jahre recherchiert: Es liegt bei 16,83
Er ist also derzeit leicht teurer (11% über dem langjährigen Schnitt), aber nicht übermäßig.  Beim KBV gilt das Selbe. Der Durchschnitt der letzten 10 Jahre betrug 1,68. Der derzeitige Aufpreis zum Durchschnitt beträgt etwa 9%.
Ein Schnäppchen ist der DAX also nicht – er ist bei Betrachtung der Bewertung der letzten 10 Jahre überdurchschnittlich teuer. Eine Spekulationsblase sehe ich zwar noch nicht, würde aber dennoch eher auf Einzeltitel aus dem DAX bzw. aus Deutschland gehen und nicht den Index kaufen.
Teilweise ist die derzeit überdurchschnittlich hohe Bewertung natürlich auch durch das niedrige Zinsniveau zu rechtfertigen. Die Zinsen waren in den letzen 10 Jahren nie so tief wie derzeit und Anlagen in Verzinsliche Wertpapiere waren nie so uninteressant wie derzeit – das treibt natürlich die Anleger Aktien.

 Die Entwicklung des DAX seit 2007 im Vergleich:

Europas Indices im Vergleich zum S&P 500 seit 1.1.2007
Europas Indices im Vergleich zum S&P 500 seit 1.1.2007

In dem Chart habe ich die Entwicklung der wichtigsten europäischen Indices  seit 1.1.2007 – mit dem amerikanischen S&P 500 vergleichen. Ich habe auch den S&P 500 in Euro umgerechnet, damit der Vergleich halbwegs fair ist.
Natürlich darf man nicht vergessen, dass der DAX ein Performanceindex ist (also auch Dividenden enthält) und alle anderen nicht.

Wie man sieht konnte der DAX als einziger europäischer Index mit dem amerikanischen S&P 500 mithalten. Er war für meinen Geschmack zwar deutlich volatiler – er hatte mehr Schwankungen – und beim S&P 500 kommen natürlich noch die Dividenden dazu. Er ist also der wahre Sieger, aber der DAX kommt gleich danach.

Mit großem Abstand folgen alle anderen europäischen Länder. Schlusslicht bildet in diesem Vergleich leider der österreichische ATX.

Zur Veranschaulichung habe ich noch eine weitere Tabelle angefertigt, die auch Dividenden berücksichtigt:

Einstiegsjahr DAX ATX CAC 40 AEX BEL 20 FTSE Italy MADX S&P 500
2007 6,40% -4,95% 1,81% 2,64% 1,27% -4,41% 0,84% 7,16%
2008 4,34% -6,02% 1,47% 1,98% 1,89% -4,58% -0,24% 7,39%
2009 14,34% 8,15% 10,66% 14,61% 15,10% 4,92% 7,76% 17,17%
2010 12,57% 1,63% 7,59% 9,91% 11,37% 1,53% 3,10% 15,44%
2011 11,74% -2,35% 9,37% 10,07% 12,70% 4,50% 7,99% 15,54%
2012 21,84% 10,25% 17,87% 16,92% 23,88% 14,77% 14,05% 20,21%
2013 18,60% 1,80% 16,73% 18,35% 23,70% 16,05% 19,37% 22,28%
2014 12,75% -3,99% 12,01% 16,26% 23,38% 12,28% 11,10% 13,89%

Hier sieht man, was man pro Jahr verdienen konnte, wenn man in die entsprechenden Indices am Anfang des Jahres investiert hätte.
Hätte man in den DAX Anfang 2007 investiert, so hätte man pro Jahr eine Performance von 6,4% bis heute gehabt. Bei einer Investition Anfang 2009 wären es sogar 14,34% p.a. gewesen und Anfang 2013 sogar 18,6%.
Beim ATX hätte man leider in mehr als der Hälfte der Jahre Verluste gemacht. Der S&P 500 konnte den DAX als einziger schlagen.
Deutschland ist also tatsächlich die wirtschaftliche  Lokomotive der EU bzw. des Euro-Raumes.

Die einzelnen Unternehmen im DAX:

Da der DAX-Index an sich derzeit überdurchschnittlich teuer ist  und ich immer auf Schnäppchensuche bin, habe ich in der nächsten Tabelle alle Unternehmen die im DAX enthalten sind untersucht:

Name Sparte Wachstum p.a. 2014 – 2016 KGV 2014 KGV 2015 KGV 2016 KBV Div. Rendite ROC 2014 ROC 2015
LANXESS AG Rohstoffe 13,47% 22,88 21,85 15,66 1,85 1,09% 2,70% 2,83%
ALLIANZ SE-REG Finanzen 0,02% 10,73 10,85 10,72 1,16 3,57% 0,89% 0,88%
RWE AG Versorger -5,60% 10,48 11,13 12,46 2,09 0,00% 1,68% 1,59%
BAYER AG-REG Verbrauchsgüter 9,38% 20,88 18,23 15,95 5,16 1,67% 9,72% 11,13%
BAYERISCHE MOTOREN WERKE AG Konsumgüter 3,26% 11,73 11,12 10,66 1,92 2,42% 4,25% 4,49%
COMMERZBANK AG Finanzen 13,26% 12,68 9,66 8,73 0,50 0,00% 0,19% 0,24%
DEUTSCHE BANK AG-REGISTERED Finanzen 12,78% 9,92 7,64 6,91 0,51 2,65% 0,23% 0,30%
BASF SE Rohstoffe 3,38% 15,52 15,35 14,04 2,85 3,23% 7,69% 7,77%
HENKEL AG & CO KGAA VORZUG Verbrauchsgüter 6,39% 22,15 19,97 18,39 3,92 1,22% 9,62% 10,67%
LINDE AG Rohstoffe 9,54% 25,10 21,26 19,10 2,50 1,69% 4,02% 4,74%
DEUTSCHE LUFTHANSA-REG Konsumgüter 32,26% 12,92 6,62 5,59 1,33 3,35% 1,66% 3,23%
SIEMENS AG-REG Industrie 2,33% 14,13 14,07 13,19 2,61 3,44% 5,70% 5,73%
VOLKSWAGEN AG-PREF Konsumgüter 6,19% 9,12 8,41 7,62 1,11 1,91% 3,38% 3,66%
E.ON SE Versorger -1,40% 15,71 15,83 16,39 0,84 4,50% 1,30% 1,29%
BEIERSDORF AG Verbrauchsgüter 6,64% 30,27 27,81 24,96 4,67 0,94% 9,84% 10,70%
HEIDELBERGCEMENT AG Industrie 15,81% 19,38 14,91 12,48 1,02 0,86% 2,52% 3,27%
K+S AG-REG Rohstoffe -3,12% 14,64 14,58 16,10 1,43 0,87% 5,00% 5,02%
MUENCHENER RUECKVER AG-REG Finanzen -1,13% 11,07 11,57 11,46 1,07 4,26% 1,12% 1,07%
FRESENIUS SE & CO KGAA Verbrauchsgüter 11,05% 23,58 19,68 17,22 2,81 0,88% 3,33% 4,00%
SAP SE Technologie 4,59% 17,78 16,55 15,54 3,84 1,64% 10,97% 11,78%
MERCK KGAA Verbrauchsgüter 5,83% 18,85 17,41 15,90 4,21 1,08% 9,71% 10,51%
ADIDAS AG Konsumgüter 8,46% 21,37 19,37 16,75 2,22 2,31% 5,47% 6,04%
DEUTSCHE TELEKOM AG-REG Telekom 8,41% 26,12 23,26 20,50 2,83 3,13% 2,34% 2,63%
DEUTSCHE POST AG-REG Industrie 5,73% 16,73 15,80 14,15 4,16 2,77% 5,90% 6,25%
FRESENIUS MEDICAL CARE AG & Verbrauchsgüter 7,90% 18,98 17,08 15,11 2,32 1,21% 4,51% 5,01%
DAIMLER AG-REGISTERED SHARES Konsumgüter 5,77% 11,71 10,52 9,90 0,36 2,95% 4,50% 5,01%
INFINEON TECHNOLOGIES AG Technologie 8,31% 18,96 16,02 14,92 2,57 1,79% 9,29% 10,99%
DEUTSCHE BOERSE AG Finanzen 6,20% 20,27 18,61 16,92 4,09 2,96% 0,36% 0,39%

 

Sehr positiv fällt auf: Im DAX ist kein einziges Unternehmen enthalten, welches 2014 Verluste gemacht hat. Alle haben ein positives KGV.
Einige Unternehmen sind sehr ertragstark, d.h, sie haben ca. 10% oder mehr Gesamtkapitalrendite (ROC = “return in capital”)

Namentlich sind das: Bayer, Henkel, Beiersdorf, SAP, Merck und Infineon. Immerhin 6 von 30 Unternehmen. Im ATX schaut das z.B. ganz anders aus ;-(
Von diesem 6 Unternehmen wirken von der Bewertung her SAP und Infineon am günstigsten. Sie haben das günstigste KGV und KBV.
Ich werde diese Unternehmen deshalb in einen der nächsten Artikel genauer unter die Lupe nehmen.